Über die Mechanismen des kommunistischen Anarchismus
Diese Seite beruht auf dem Buch Frei von Markt und Staat von Anarcho Communist Author.
Das Buch kann auch als e-book im epub-Format runtergeladen werden.
Das Wort Freiheit ist ein gern gebrauchter Begriff, der sich in den verschiedensten Zusammenhängen findet. Manche verstehen unter einem freien Menschen jemanden, der nicht durch den Aufenthalt in einem Gefängnis in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Andere, vor allem Europäer und Amerikaner, blicken auf Staaten in anderen Teilen der Erde und nehmen die dort lebenden Menschen als unfrei wahr, während sie sich selbst als vollkommen frei betrachten. Die Realität sieht jedoch anders aus: Da die tatsächliche Freiheit längst nicht nur aus der oberflächlichen Eigenschaft der physischen Freiheit (also dem Fehlen von Gefängnismauern) besteht, genießen die meisten Menschen viel weniger Freiheit als ihnen bewusst ist. Ihre persönlichen Entscheidungen werden täglich auf vielerlei Weise beeinflusst und durch Zwang verändert. Autoritäten bestimmen das Leben von Anfang an und wir werden dazu erzogen, dies zu akzeptieren. Bei all den Zwängen, Gesetzen und Vorschriften vergessen wir, was Freiheit eigentlich bedeutet. Noch ist es für die meisten Menschen völlig normal, sich den Regeln des Staates zu beugen, in dem sie leben. Auch deshalb, weil uns zu jeder sich bietenden Gelegenheit vermittelt wird, dass eine staatliche Ordnung absolut notwendig für unser friedliches Zusammenleben ist. Ohne einen Staat würden angeblich marodierende Banden umherziehen und das Land würde im Chaos versinken. All dies ist Propaganda, die den Menschen davon abhalten soll, den Status quo zu hinterfragen. Tatsächlich ist der Staat ein gesellschaftliches Gebilde, welches die Unfreiheit der Mehrheit fördert und einer kleinen Minderheit erlaubt, Macht über andere Menschen auszuüben. Auch unser politisches System verdient seinen Namen nicht. Bei einem so geringen Einfluss der Bürger auf den politischen Weg ihres Landes kann man nicht von einer Demokratie – also einer Herrschaft des Volkes – sprechen. Die gewählten Volksvertreter sind nicht viel mehr als Marionetten, die ein wenig mehr Macht besitzen als der Durchschnittsbürger. Ein fragwürdiges Privileg, an das sie sich oft verbissen klammern. Es ist ein trügerisches System, welches uns eine Wahlmöglichkeit vortäuscht und uns glauben lässt, wir wären frei. Nur selten geschieht dies so plump und unverhohlen wie beim Zweiparteiensystem, wie es sich beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika etabliert hat. Wie oft kommt es zu einer Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn die eigenen Interessen von keiner Gruppe vertreten werden? Der Einparteienstaat ist dann nur noch wenige Schritte entfernt. Denn egal was man wählt, man hat keine Möglichkeit, sich der gewählten Autorität zu entziehen. Sofern man innerhalb der Staatsgrenzen lebt und ein Bürger dieses Staates ist, muss man sich den Gesetzen fügen. Und diese Gesetze und Beschlüsse werden durch viele Faktoren beeinflusst, bei denen der Bürgerwille jedoch eine vollkommen untergeordnete Rolle einnimmt. Viel wichtiger dabei sind die Interessen der führenden Persönlichkeiten in der Wirtschaft und deren (oft international agierenden) Firmen. Sie sind es, die die wahre Macht im Staat besitzen, denn sie verfügen über Geld. Selbst der Staat und das Gesetz sind von Geld abhängig, und aus diesem Grund werden die Menschen niemals selbst über ihr Schicksal entscheiden können. Statt dessen werden sie im Sinne dieser herrschenden Klasse instrumentalisiert und ausgebeutet. Nicht umsonst dominiert in vielen hoch entwickelten Ländern auf der Welt das Idealbild der Leistungsgesellschaft. Der Bürger wird benötigt um zu produzieren, zu kaufen und zu konsumieren. Dieser ständiger Kreislauf hält das Kapital in Bewegung, jedoch ohne Sinn und Verstand. Je schneller dieser Prozess abläuft, desto schneller können sich einige “aufstrebende” Geschäftsleute die Taschen füllen. Unser heutiges Wirtschaftssystem ist längst zum Selbstzweck geworden und über Alternativen wird kaum nachgedacht. Und das, obwohl dessen funktionale Unzulänglichkeiten schon in mehreren Wirtschaftskrisen deutlich wurde. Der Fortschritt und die Entwicklung unserer Gesellschaft werden aktiv gebremst und die Marktwirtschaft kann dabei nicht mehr mithalten. Staatlich organisierter Kapitalismus wird immer Ausbeutung, Krieg und Ungerechtigkeit bedeuten und solange wir dies nicht erkennen und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, wird sich daran nichts ändern. Denn anders als es uns vermittelt wird, gibt es tatsächlich Alternativen. Schafft man den Staat und alle auf Zwang basierenden autoritären Strukturen ab, bietet dies die Grundlage für die einzige Gesellschaftsform, die dem zivilisierten Menschen würdig ist. Dies ist die Anarchie, denn kein Mensch darf das Recht besitzen, über andere zu verfügen und sie zu beherrschen. Die Schaffung und Behauptung von Willens- und Handlungsfreiheit und dem Recht auf Selbstbestimmung müssen die obersten Ziele einer Gesellschaft sein. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, beispielsweise, ist aufgrund der finanziellen Abhängigkeit des Arbeiters ein solches autoritäres Verhältnis und muss beseitigt werden. Durch dieses System bereichern sich Besitzende an der Arbeit von vielen hundert Arbeitern, die sie für sich arbeiten lassen, anstatt nur von den Früchten der eigenen, unmittelbaren Arbeit zu profitieren. Anstatt die Menschen in eine Gemeinschaft zu zwingen, sollen sie sich selbst organisieren und eigene Entscheidungen treffen. Kooperation und gegenseitige Hilfe erfolgen, wenn dies beiderseits erwünscht und nicht durch Dritte forciert ist. Jeder Mensch lebt sein Leben nach eigenen Vorstellungen und Wünschen, ohne durch die Maßstäbe und Ideale von Autoritäten daran gehindert zu werden. Dazu gehört auch eine Hinterfragung unserer moralischen Werte. Die heutige Bedrohung unserer Gesellschaft ist viel subtiler als in der Zeit der Industrialisierung. Die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt muss nicht mehr im Elend leben oder hungern. Die Menschen haben einen gewissen Besitz, in den meisten Fällen sogar viel mehr als sie benötigen. Doch sind wir fast ebenso unfrei wie zur Zeit der industriellen Revolution, denn die breite Masse wird nur zum Konsum der im Überfluss produzierten Waren und nicht etwa zur politischen Entscheidungsfindung gebraucht.
Im Laufe der Geschichte haben viele Menschen über eine alternative und gerechtere Gesellschaft nachgedacht, und darüber, wie eine solche Gemeinschaft geschaffen werden könnte. Einige Denkansätze wurden zu Unrecht diffamiert und deren Anhänger als Extremisten und Radikale bezeichnet. Dieses Schattendasein jeglicher revolutionärer Tendenzen kommt selbstverständlich der herrschenden Minderheit zu Gute, die von der Stabilität und Fügsamkeit der bürgerlichen Mitte profitiert. Aus diesem Grund ist es wichtig, über oberflächliche Bezeichnungen hinwegzusehen und diesen Philosophien unvoreingenommen zu begegnen.
Der Anarchismus wird von der Allgemeinheit in der Regel vollkommen missverstanden. Dies ist auf die Verwechslung des Begriffsinhaltes, beziehungsweise einer grundlegenden Fehldefinition zurückzuführen. Der populären Meinung zufolge herrscht in einer Anarchie das Gesetz des Stärkeren, es existieren keine Normen und Werte und jeder Mensch kämpft egoistisch nur für seine eigenen Interessen. Die Zivilisation wäre am Ende. Dieses Szenario wird jedoch viel besser durch den Begriff Anomie, wörtlich übersetzt also der Gesetzlosigkeit, definiert. Ironischerweise streben die meisten Anarchisten das exakte Gegenteil dieses Vorurteils an. Ihr Ziel ist es, die höchste Form der menschlichen Organisation zu erreichen: die Selbstverwaltung. Der Begriff der Anarchie allein sagt nicht mehr aus, als die Abwesenheit der Herrschaft jedweder Art. Doch schon allein dies reicht aus, um weitere wichtige Schlüsse zu ziehen. Ohne einen Herrscher kann sich der Mensch frei entfalten, denn jeder ist sein eigener Herr. Der Anarchismus beinhaltet die gesellschaftliche Ordnung ohne hierarchische und autoritäre Strukturen. Die Bildung von Staaten ist dabei inakzeptabel. Außerdem wird jeder autoritäre Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft oder auf das Individuum abgelehnt, jedoch steht es jedem Menschen frei, eine Religion nach den eigenen Vorstellungen auszuüben. Es ist widersinnig anzunehmen, die Menschen würden ohne Staat in einen chaotischen Zustand verfallen. Unsere Vorfahren lebten über Jahrtausende ohne staatliche Institutionen und entwickelten sich dennoch weiter. Staaten bringen eine feste, verbindliche Ordnung, sie können effizient funktionieren und einem Anteil ihren Einwohner unter Umständen einen hohen Lebensstandard bieten. Jedoch geschieht dies alles zum Preis der individuellen Freiheit. Der Staat ist ein Konstrukt, mit dem sich nur noch wenige Menschen wirklich identifizieren können. Er fördert die Entfremdung unter seinen Bürgern und durch die vielen Gesetze und Vorgaben verhindert und unterdrückt er jegliche Versuche der menschlichen Selbstorganisation. Wie Kinder werden erwachsene Menschen dazu genötigt, sich der Staatsgewalt unterzuordnen. Darum ist es nicht verwunderlich, dass manche Menschen niemals lernen, für sich selbst und andere Verantwortung zu übernehmen. Das Resultat ist letztlich eine Abkehr von der Gesellschaft und ein Verfall in egoistische Verhaltensweisen. Naturgemäß bietet der Anarchismus sehr viele unterschiedliche Ausprägungen, die nicht alle miteinander kompatibel sind. Die klassischen Formen des Anarchismus lehnen jedoch den Privatbesitz von Produktionsmitteln sowie andere kapitalistische Elemente ab. Eine gegenteilige Strömung dazu stellt beispielsweise der Anarchokapitalismus dar, eine Richtung des Individualanarchismus. Hier besitzt das Individuum die uneingeschränkte Freiheit, sein Kapital beliebig einzusetzen und auf einem absolut freien Markt zu handeln. Staatliche Eingriffe sind ebenso eliminiert wie bei den anderen Arten des Anarchismus. Diese Ausprägung hat ihre Wurzeln allerdings eher im Liberalismus als im ursprünglichen Anarchismus. Kommunistische Anarchisten setzen sich die komplette Abschaffung des Geldes als Ziel und wollen die Maxime “jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen” möglichst exakt umsetzen. Der kollektivistische Anarchismus nach Bakunin steht zwischen diesen beiden diametral entgegengesetzten Richtungen, da zwar alle Betriebe und Unternehmen kollektiviert (also durch Arbeiterräte verwaltet) werden sollen, aber dennoch Geld (beziehungsweise “Arbeitsgutscheine”) als Zwischentauschmittel und ein kommunaler Markt existieren soll. Letzterer wird jedoch von kommunistischen Anarchisten entweder abgelehnt oder nur als Übergangszustand akzeptiert. Dies ist auf den Wunsch zurückzuführen, die kapitalistische Gesellschaftsordnung restlos zu beseitigen und deren funktionale Elemente auch nicht in abgewandelter Form (wie durch die oben genannten Arbeitsgutscheinen) fortbestehen zu lassen.
Die meisten Menschen verbinden mit dem Wort Kommunismus hauptsächlich negative Eindrücke. Dies ist berechtigt, wenn man bedenkt, wie sich die allgemeine Auffassung einer kommunistischen Gesellschaft definiert. Viele kennen die verbrecherischen Regime, die sich selbst als kommunistische oder sozialistisch bezeichnen, sogar aus eigener Erfahrung. Es sind totalitäre Staaten, in denen das Individuum keine Bedeutung hat und eine Kommunistische Partei die absoluten Führung für sich beansprucht. Staaten wie die Sowjetunion und die Deutsche Demokratische Republik sind Beispiele realsozialistischer Staaten. Als realsozialistisch werden jegliche Erscheinungsformen des so genannten Kommunismus bzw. Sozialismus bezeichnet, die als Staaten existieren oder existierten. Die dafür synonymen Ausdrücke “Staatssozialismus” oder gar “Staatskapitalismus” begründen sich in der Tatsache, dass in diesen Staaten die Produktionsmittel nur scheinbar vergesellschaftet wurden. Eigentlich gingen alle Fabriken in den Staatsbesitz über und anstelle der Arbeiterklasse herrschte eine Parteielite. Beides ist keinesfalls kompatibel mit dem Kommunismus in seiner wahren Bedeutung. Die Bezeichnung des “Realsozialismus” macht gleichzeitig den Unterschied zu der tatsächlichen Bedeutung des Kommunismus deutlich, den es in der Realität niemals oder nur für einen kurzen Zeitraum gegeben hat. Die oben genannten Staaten dürften sich prinzipiell nicht einmal selbst als sozialistisch beziehungsweise kommunistisch bezeichnen, da hier die politische Macht weder von demokratisch funktionierenden, dezentralisierten Arbeiterräten, noch von einer Diktatur des Proletariats ausgeht. Zur so genannten Diktatur des Proletariats gibt es folgendes zu sagen: Die Menschen sind damals von den generell gleichen Interessen der Arbeiter ausgegangen, weshalb diese in jedem Falle eine Mehrheit gegenüber den wenigen Fabrikbesitzern und Bürgern ausgemacht und wohl jede demokratische Abstimmung für sich entschieden hätten. Darüber hinaus muss auch erwähnt werden, dass sich der Begriff “Diktatur” einem Bedeutungswandel unterzogen hat. Als Marx und Engels das Manifest der Kommunistischen Partei verfassten, war eine Diktatur noch nicht mit einer “Gewaltherrschaft” gleichzusetzen. Damit war eher gemeint, dass die Arbeiterschaft über die Methoden der Produktion und der Verteilung der Güter bestimmen sollte. Dennoch sollte das Proletariat eine vorläufige Vormachtstellung einnehmen, um die führende Klasse der Kapitalisten zu entmachten und den Weg zum vollständigen Kommunismus zu ebnen. Dieser Ansatz wurde von anderer Seite her scharf kritisiert, wie beispielsweise vom anarchistischen Theoretiker Michail Bakunin, der die Bildung eines autoritären Staates als Mittel zur Erreichung einer klassenlosen und freien Gesellschaft als grundsätzlich ungeeignet betrachtete. So genannte Kommunisten wie etwa Lenin, Stalin, Mao Zedong und andere haben die ursprünglichen Theorien von Marx verfälscht und für ihre Zwecke missbraucht. Sie gehören zu den schlimmsten Verrätern an der Sache des Kommunismus. Anstatt die kapitalistische Arbeitsteilung abzuschaffen, wurde sie sogar ausgeweitet. Anstatt eine Selbstverwaltung der Arbeiter aufzubauen, wurde das gesamte Volk durch eine Partei beherrscht. Stalin errichtete einen diktatorischen Staat, der dem Dritten Reich in Bezug auf Unmenschlichkeit und Grausamkeit in nichts nachstand. (*1) Dies alles geschah im Namen des Kommunismus und stützt sich angeblich auf die Lehren von Marx und Engels, die beide zur Zeit der Oktoberrevolution bereits verstorben waren. Aber unabhängig von der genauen Durchführung des wahren – anarchistischen – Kommunismus, hat es ihn niemals dauerhaft innerhalb eines Landes gegeben, da sich immer ein autokratisch herrschender Parteiapparat herausbildete, der das Land zentral regierte. Der Kommunismus ist die Vision einer gänzlich klassenlosen Gesellschaft in der Privateigentum (siehe nächsten Abschnitt) und andere menschliche Ungleichheiten beseitigt sind, ohne natürlich die individuellen Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen aufzuheben. Der echte Kommunismus kann nur innerhalb einer gleichzeitig als anarchistischen zu definierenden Gesellschaft funktionieren, weshalb viele Menschen beide Theorien als eine untrennbare Einheit betrachten. Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen darüber, auf welchem Wege diese Gesellschaft in die Tat umgesetzt werden sollte. Der von Marx vorgeschlagene Weg über eine (vorübergehend) autoritäre Herrschaft der Arbeiterklasse wird jedoch von allen Anarchisten abgelehnt, selbst wenn sie die marxsche Kritik an der politischen Ökonomie teilen und als theoretische Grundlage des Kommunismus betrachten.
Das in vielen Fällen als utopisch betrachtete Ideal der Aufhebung des Eigentums im Kommunismus wird häufig falsch verstanden, weil die Bezeichnung irreführend ist. Heute beschreibt der Begriff Privateigentum jedes Gut, welches von einem Menschen besessen wird, unabhängig von dessen Zweck oder Bestimmung. Es wäre natürlich schwer vorstellbar, dass niemand über persönliche Dinge verfügen darf, da sie alle der Allgemeinheit gehören. Doch das eigentliche Eigentum, welches durch Kommunisten und andere abgelehnt wird, ist das Privateigentum an Produktionsmitteln und nicht einfach alle Besitztümer einer Person. Darunter zählen beispielsweise Fabriken, Produktionsmaschinen, Land und Ähnliches. Grundsätzlich gehört dazu alles, was als unentbehrliche Grundlage der Produktion in jeder Form dient. Im weiteren Sinne kann man darunter all jene Güter fassen, die dem Menschen ein Einkommen ermöglichen, welches nicht aus der eigenen, selbst erbrachten Leistung entspringt. Der Fabrikbesitzer oder Landeigentümer ist als Kapitalist immer Nutznießer seiner Pächter oder Arbeiter, da er von ihrer Arbeit profitiert. Durch seinen Besitz allein kann er Geld verdienen, was wiederum noch mehr Besitz ermöglicht und seine parasitäre Lebensweise noch weiter erleichtert. Ein Mensch, der hart für einen hohen Lebensstandard gearbeitet hat, keine Fabriken oder Aktien besitzt und auch nichts vermietet oder verpachtet, hat seine Eigentum allein durch eigene Anstrengungen verdient. Darum ist es nur recht und billig, dass dieser Mensch die Früchte seiner Arbeit auch genießen darf. In der anarchokommunistischen Gesellschaft kommt nun die Kommune, also eine klar definierte Gruppe von Menschen hinzu, die an dem selbst erarbeiteten Überschuss beteiligt wird. Im Gegenzug erhält man von der Kommune alles das, was man nicht selbst produzieren kann, aber dennoch benötigt.
Unter einem Bürger versteht man heute ganz allgemein den Menschen als Staatsangehörigen oder als Einwohner einer Stadt. Diese an sich richtige Definition kann jedoch zu Missverständnissen führen, wenn man beispielsweise darüber liest, dass Rätekommunisten den Bürgern den Zugang zu ihren demokratischen Räten verwehrten. Diese wurden als Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte bezeichnet und darum drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass alle anderen Menschen keinerlei Mitspracherecht besäßen. Dies ist so jedoch nicht richtig. Der Begriff Bürgertum (auch Bourgeoisie) wurde von Karl Marx als Sammelbegriff für alle Angehörigen der Kapitalistenklasse verwendet, die von der Arbeit der Arbeiterklasse profitieren. Es ist verständlich, dass deren Interessen nach einer geglückten Revolution nicht mehr berücksichtigt würden. Die Annahme, dass in einer kommunistischen Gesellschaft den Arbeitern und Bauern eine Sonderstellung gegenüber Angestellten und Intellektuellen zukäme, ist falsch und wurde leider dennoch in Staaten wie der DDR als richtig betrachtet und umgesetzt. Der anarchistische Kommunismus strebt eine klassenlose Gesellschaft an, in der Menschen nicht nach ihrer Herkunft oder ihren sozialen Kreisen beurteilt werden. Ist der Kapitalismus erst einmal abgeschafft, verschwinden auch alle Überreste von Klassenunterschieden und der von Marx geprägte Begriff des “Bürgers” wird seine Bedeutung verlieren.
Dieses Buch wäre um seine Grundlage beraubt, enthielte es keine Kritik an der zur Zeit herrschenden Gesellschaftsordnung, dem Kapitalismus. Vielen Menschen ist es nicht klar, dass der Kapitalismus für so viele Missstände überall auf dem Planeten verantwortlich ist. Trotz des gewaltigen Überschusses, den wir produzieren können, trotz unserer hoch entwickelten Technologie müssen Menschen unter ärmlichsten Bedingungen hausen und können sich gerade so das Nötigste zum Überleben erwirtschaften. Die kapitalistische Produktion ist nicht darauf ausgelegt, Bedürfnisse zu befriedigen. Es ist lediglich ein Mittel zum Zweck, wobei das eigentliche Ziel des Kapitalisten darin besteht, immer mehr Geld zu verdienen. Arbeiter erhalten nur aus diesem Grund Geld, um es wieder auszugeben. Und je schneller der Prozess des Konsums und Einkaufs abläuft, desto schneller sieht der Kapitalist die Resultate seines Wirtschaftens. Die Manipulation von Menschen zum Zweck der Umsatzsteigerung ist ein gern genutztes Mittel. Vor allem verängstigte Bürger geben sehr viel Geld aus, um beispielsweise ihre Gesundheit zu sichern. Man denke nur an enorme Medienpräsenz der Vogel- beziehungsweise Schweinegrippe in den Jahren 2006 und 2009/10. Die große Panik vor diesen Krankheiten haben den Herstellern der beworbenen “Heilmittel” gewaltige Einnahmen beschert. (*2) Wir, die wir mit diesem System aufgewachsen sind, bemerken daran in der Regel nichts Ungewöhnliches. Es ist normal für uns, dass Europäer einen immens höheren Lebensstandard genießen als die meisten Afrikaner oder Asiaten. Wir nehmen diesen Zustand als natürlich wahr. Zwar mögen einige unter uns die Ungerechtigkeit erkennen, doch ist die Ursache dafür viel zu grundlegend, als dass sie von uns verändert werden kann. Ist sie das wirklich? Oder ist es vielmehr so, dass uns die kapitalistische Gesellschaft als von der Natur (oder auch von Gott) gegeben und unabänderlich dargestellt wird? Manche Befürworter des (laissez-faire) Kapitalismus berufen sich sogar auf das von Darwin formulierte Naturgesetz des “Überlebens der am besten angepassten Individuen”. Dies ist jedoch eine grobe Vereinfachung des menschlichen Zusammenlebens und stellt unsere Gesellschaft auf eine Stufe mit dem Tierreich. Das Naturgesetz existiert, um unter allen wetteifernden Spezies eine dominante Lebensform zu ermitteln, denn darauf läuft es letztendlich hinaus. Dies erfolgte jedoch schon vor einer langen Zeit und der Mensch ging aus diesem Kampf als Sieger hervor und diese Position wird von keinem Lebewesen bedroht. Ein evolutionärer Kampf zwischen den Menschen entbehrt sich jedem praktischen Zweck und widerspricht den oft propagierten Werten wie Mitleid und Nächstenliebe, die den Menschen erst definieren und vom Tier unterscheiden. Diese in Schulen und Kirchen gepredigten Tugenden bleiben leere Phrasen für die Kinder und Jugendlichen, da sie im Alltag kaum Anwendung finden. Anstatt unser Dasein damit zu erschweren, einen niemals endenden Kampf untereinander zu führen, wären unsere Kräfte weitaus besser eingesetzt, wenn wir kooperieren würden. Dem steht jedoch der Kapitalismus im Weg, weshalb er und alle seine Ausprägungen, wie Geld und Handel, verschwinden müssen.
Damit Kapital entsteht, müssen sich wirtschaftliche Werte zuerst mehrmals umwandeln. Am Anfang wird Geld eingesetzt, um Arbeitskraft und Produktionsmittel zu beschaffen. Anschließend werden im Produktionsprozess Waren hergestellt, die auf einem Markt für mehr Geld veräußert werden können, als ihre Herstellung gekostet hat. Der Verkauf ist der letzte Schritt des Zyklus und stellt neues Geld bereit, das wiederum als Kapital genutzt werden kann. Diesen Vorgang nennt Marx die Zirkulation des Kapitals, welche für dessen Akkumulation (also Ansammlung) nötig ist. (*3) Er ist gleichzeitig das zentrale Funktionsprinzip des Kapitalismus. Nun stellt sich jedoch die Frage, was Menschen erstmals in die Lage versetzt hat, als Kapitalist tätig zu werden. Blickt man zurück in Geschichte, bemerkt man, dass der Reichtum und das Eigentum der kapitalistischen Klasse auf einen ursächlichen Diebstahl zurück geht, der so genannten ursprünglichen Akkumulation. Bevor es den Kapitalismus gab, verfügte der Arbeiter über seine eigenen Produktionsmittel. Er selbst hat die Werkzeuge zur Schaffung seines Arbeitsproduktes in der Hand. Die ursprüngliche Akkumulation beinhaltet also die Auflösung dieses Eigentums und ermöglicht dadurch erst die Bildung von Kapital. Nach Marx bildet “die Enteignung der Arbeiter von Grund und Boden […] die Grundlage des ganzen Prozesses” (*4) Der Produzent war nun nicht mehr mit dem Eigentümer (der Produktionsmittel) identisch und wurde zum Lohnarbeiter. Ich spreche von Diebstahl, da die Produzenten in der Regel mit Gewalt durch ihre Feudalherren um ihr Eigentum gebracht wurden. Durch verschiedene Ereignisse im Laufe der Geschichte (wie beispielsweise durch die Säkularisation, also der Enteignung kirchlichen Besitzes) konzentrierte sich langsam immer mehr Land und Eigentum in den Händen weniger Menschen. Dies bedeutete einen Machtzuwachs, da andere Menschen auf das Land angewiesen waren, um zu überleben. Alle Vertriebenen konnten nun in Städten als billige Arbeitskräfte rekrutiert werden, die schon bald als lebendiger Anteil der Produktionsmittel in den Manufakturen und später Fabriken benötigt wurden. Nun da die Arbeiterklasse über keinen anderen wirtschaftlichen Wert mehr verfügte, als ihre eigene Arbeitskraft, war die Grundlage für die heutige kapitalistische Gesellschaft geschaffen. Mit der Zeit wurden die Verhältnisse zwischen Arm und Reich, beziehungsweise zwischen Arbeiter und Kapitalist, als zunehmend natürlich und unabänderlich wahrgenommen. Dieser Glaube festigt natürlich die bestehenden Verhältnisse und erschwert deren Beseitigung. Es reicht nicht, die Vermögen der Kapitalisten besonders hoch zu besteuern oder zu beschlagnahmen. Erst wenn man auch die Mittel, die für solche Vermögen die Voraussetzung schaffen, enteignet, sind die Bedingungen gleich.
Die Menschen nutzen schon seit hunderten von Jahren Wirtschaftsmodelle mit einer Art Zwischentauschmittel. Diese bestanden, seit der Existenz des Geldes im modernen Sinne, immer aus Materialien mit einem bestimmten Seltenheitswert, um die Anzahl der Werteinheiten zu limitieren. Karl Marx hat die Entwicklung des Handels mithilfe von Geld als Zirkulationsmittel bereits anschaulich beschrieben. (*5) Dort stellt er auch fest, dass sich der Gebrauchswert einer Ware vollkommen unabhängig vom Tauschwert verhält, da letzterer durch den durchschnittlichen Aufwand menschlicher Arbeit definiert wird. Wird beispielsweise die Produktion einer herkömmlichen Ware – für alle Produzenten gleichermaßen – wesentlich aufwendiger, so steigt der Wert der Ware obwohl der Gebrauchswert unverändert bleibt. Das bedeutet, dass bei einer Missernte von Getreide die Preise von Brot unverhältnismäßig ansteigen, selbst wenn das Brot noch exakt die gleichen Eigenschaften wie vor diesem Preisanstieg besitzt. Warenpreise sind also rein gesellschaftliche Konstrukte, die sich nicht dazu eignen, den eigentlichen Wert einer Ware zu beziffern, und zwar den Gebrauchswert. In der Landwirtschaft findet sich das beste Beispiel. Sie wird vor allem in technisch hoch entwickelten Staaten wie Deutschland aufgrund ihrer geringen finanziellen Erträge kritisch betrachtet und staatliche Subventionen für Bauern werden in Frage gestellt. Laut den statistischen Zahlen des Jahres 2006 machte die gesamte Landwirtschaftliche Produktion Deutschlands lediglich 0,9% des Bruttoinlandsproduktes aus. Damit liegt es weit hinter der Industrie mit 29,4% und dem Dienstleistungssektor mit 69,7% des BIP.(*6) Der finanzielle Wert aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist also extrem gering, der Gebrauchswert dagegen umso höher. Das müssen alle Kritiker spätestens dann einsehen, wenn ihnen klar wird, dass man mit Mikrochips und Autoteilen keine Menschen ernähren kann. Das Geldsystem hat lange funktioniert, doch in der heutigen Zeit scheint es seine Grenzen erreicht zu haben. Ständig neue Wirtschaftskrisen stiften Verwirrung und Angst unter der Bevölkerung. Die Schulden Deutschlands wachsen auf lächerlich hohe Summen an, genauso wie die der meisten anderen Industriestaaten auch. (*7) Manche Regierungen müssen sogar den Bankrott ihres Landes bekannt geben. Andererseits schaffen sich manche Menschen riesige Vermögen, einzig indem sie an den Zinsen verdienen, die ihnen durch ihr vorhandenes Kapital gutgeschrieben werden. Anstatt selbst tätig zu sein, lassen sie ihr Geld für sich arbeiten. Es werden immer neue Behelfslösungen und Auswege entwickelt, um dieses veraltete Wirtschaftssystem nicht zusammenbrechen zu lassen und die Menschen nicht dem Chaos auszusetzen, welches sich aus dessen Scheitern ergeben würde.
Schon in der Vergangenheit mussten radikale Maßnahmen ergriffen werden, um dieses Szenario abzuwenden. Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise von 1929 stellte der damalige US-amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt einige wirtschaftliche und soziale Reformen unter dem Namen New Deal zusammen. Diese sollten in den Jahren 1931 bis 1941 die negativen Auswirkungen der Krise abmildern und der Wirtschaft eine Chance geben, sich zu erholen. Eine der fundamentalen Lösungsstrategie bestand in einer Umverteilung des privaten Vermögens der amerikanischen Bürger. Während manche Menschen noch nicht einmal genug Lebensmittel für sich selbst und ihre Familien kaufen konnten, konzentrierte sich der Hauptanteil des Vermögens in den Taschen weniger Reicher. Diese ungleiche Verteilung des Vermögens – und damit auch der Kaufkraft – wurde bereits als elementare Ursache der Probleme erkannt, ebenso wie die hemmungslose Spekulationsfreudigkeit an der Börse. Durch teilweise enorm hohe Steuersätze konnte der Staat das benötigte Geld zurückerhalten, das letztlich zur Verbesserung der Situation aller eingesetzt wurde. In diesem Zusammenhang wurden 1935 erstmals verschiedene Sozialversicherungen in den Vereinigten Staaten eingeführt. (*8) Zum Vergleich: In Deutschland wurden die ersten Versicherungen dieser Art bereits 1883 realisiert. (*9) Doch auch hier wurden, als eine der Maßnahmen, Menschen hauptsächlich um der Arbeit willen beschäftigt. Anstatt den vielen Arbeitslosen einfach mehr Sozialhilfe auszuzahlen, wurden sie für den Straßenbau, für Aufforstungsarbeiten und Ähnlichem eingesetzt, um ihren eine Verdienstmöglichkeit zu bieten. Es ist fraglich, ob ihre Arbeitskraft nicht produktiver für konkrete Probleme dieser Zeit hätte eingesetzt werden können. Abgesehen davon wurde trotz der mangelhaften Lebensmittelversorgung vieler Menschen und der Missernten durch schwere Sandstürme die landwirtschaftliche Produktion sogar verringert, einzig um die Preise zu stabilisieren, was letztlich auch gelang. Zwar sind die positiven Auswirkungen des New Deals wie zum Beispiel die neuen sozialen Programme des Staates und die Fortschritte im Arbeitsrecht noch heute spürbar, allerdings blieb der Plan nur eine Übergangslösung. Letztendlich war er hauptsächlich ein Mittel, um den Kapitalismus in den USA zu erhalten. Das Geldsystem, was einst ein unverzichtbarer Baustein jeder höheren Zivilisation war, ist heute zu einer Krücke der Gesellschaft geworden.
Geld ist außerdem sehr wandelbar. Es kann auf vielen verschiedenen Wegen angeeignet, und für ebenso viele Zwecke verwendet werden. Man kann es verdienen, stehlen, hinterziehen, finden oder fälschen. Egal wie man es erhält, es hat immer den gleichen Wert zu einem gegebenen Zeitpunkt. Das bedeutet, dass auch unmoralisches und kriminelles Handeln durch das Erlangen von Geld belohnt wird. Nur um reicher zu werden, greifen manche Menschen zu Mitteln wie Verrat, Raub und sogar Mord. Die Abschaffung des Kapitalismus ist nicht gleichbedeutend mit dem Ende dieser Vergehen, aber sie wird die Wahrnehmung und das Urteil der Menschen verändern. Und dies geschieht eventuell in einem solchen Ausmaß, dass materielle Werte niemals mehr über das Leben und die Gesundheit von Menschen gestellt werden. Aber auch andere Probleme sind mit einem kapitalistisch geprägten System verbunden. Es wird von mancher Seite her argumentiert, dass Geld als Konzept einen natürlichen Ursprung hat. Affen wurden beispielsweise schon dabei beobachtet, wie sie mit einem Zwischentauschmittel umzugehen verstanden, und mithilfe dieses Systems Waren austauschen und sogar sparen. (*10) Dies genügt jedoch noch nicht als Rechtfertigung des Geldsystems, vor allem weil Geld längst nicht mehr nur ein Tauschmittel ist. Die Notwenigkeit, Geld einzuführen, entspringt aus der Tatsache, dass die verfügbaren Güter nicht ausreichen, um den gesamten Bedarf aller Individuen zu stillen. Darum entstehen vor allem dort sehr schnell Systeme zum Warenaustausch, wo chronischer Mangel von einem oder mehreren wichtigen Gütern aus irgendwelchen Gründen besteht. Ein Beispiel dafür könnte ein Gefängnis sein, in dem Zigaretten als allgemein akzeptierte Währung genutzt werden. Doch im Normalfall trifft dies nicht mehr zu, wir haben die Möglichkeiten, jeden Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Zwar gibt es Güter, die niemals in ausreichenden Mengen vorhanden sein werden, um wirklich jeden Menschen damit auszustatten, doch handelt es sich dabei in den meisten Fällen um Waren, die ohnehin entbehrlich für das tägliche Leben sind, wie zum Beispiel Schmuckstücke. Diese besitzen überhaupt nur aus dem Grund der Knappheit ihre Bedeutung und ihr praktischer Wert ist nahezu Null. Darüber hinaus ist es eine übliche Praxis unter Unternehmern, die Produktion bestimmte Güter absichtlich zu reduzieren, um den Marktwert durch das gesteigerte Angebot nicht übermäßig zu senken. Hier zeigt sich wieder der vormals genannte Grundsatz des Kapitalismus: nicht die Bedürfnisbefriedigung, sondern der Profit zählt. Nur aus diesem Grund faulen Lebensmittel in Abfallcontainern, während in anderen Teilen der Welt und sogar in unserem eigenen Land noch immer Menschen verhungern. Zwar kann ein gesetzlich verbindliches Zahlungsmittel abgeschafft werden, aber Geld an sich kann nicht verboten werden, da immer wieder neue Zwischentauschmittel entstehen werden. Das einzige was getan werde kann, ist, den Bedarf nach Geld und damit dessen Ursprung zu eliminieren. Und dies geschieht mit der anarchokommunistischen Ordnung, die auf dem freien Austausch von Waren basiert und die Menschen anhand ihrer Bedürfnisse versorgt.
Grundsätzlich erscheint die Behauptung widersinnig, dass es ausgerechnet in kapitalistischen Gesellschaften zu Verschwendungen von Zeit und Rohstoffen kommen soll. Sprichwörtlich wird die Zeit ja sogar mit Geld gleichgesetzt. Jeder Unternehmer wird auch strengstens darauf achten, dass im eigenen Betrieb weder Strom- oder Heizkosten, noch Ressourcen vergeudet werden. Es werden nur gerade so viele Arbeiter beschäftigt, wie gebraucht werden, um zusätzliche Lohnkosten zu vermeiden. Aber all dies geschieht nur, weil der Unternehmer unmittelbar für diese Ausgaben aufkommen muss. Jeder unnötige Verlust muss mit dem eigenen Geld bezahlt werden und wird darum mit allen Mitteln vermieden. Dieses Prinzip motiviert zwar zur Einsparung auf privater Seite, doch hat dies nur sehr beschränkte globale Auswirkungen. Grundsätzlich werden alle Planungen innerhalb der Unternehmen nur auf einen möglichst hohen Profit ausgerichtet. Das ist in der freien Wirtschaft grundsätzlich zwar nachvollziehbar, führt aber zu katastrophalen Entwicklungen in anderen Bereichen. So ist es in den Augen der Firmenleitung zum Beispiel vollkommen vertretbar, dass Produkte für den europäischen Markt in China hergestellt werden und per Frachtschiff, oder noch schlimmer per Flugzeug, an ihren Bestimmungsort transportiert werden. Die Verschwendung von nicht ersetzbaren Rohstoffen und der Verlust an Arbeitsplätzen im eigenen Land werden so lange in Kauf genommen, wie sich die Fremdproduktion und der Transport positiv auf die Gesamtbilanz auswirken. Selbstverständlich werden auch heute noch Arbeiter in fremden Ländern Asiens oder der Dritten Welt aufgrund ihrer billigen Arbeitskraft ausgebeutet und rücksichtsloser Raubbau am Regenwald betrieben, beispielsweise um Agrarflächen für die so genannten Biokraftstoffe zu gewinnen oder um das Holz zu wertlosen Wegwerfprodukten zu verarbeiten. (*11) Die modernen Konzepte des Recyclings und der Nachhaltigkeit werden in Anbetracht der heute üblichen Überschussproduktion und unserer Wegwerfgesellschaft vollkommen ad absurdum geführt. Sie sind unvereinbar mit der kapitalistischen Gesellschaft. Unsere natürlichen Ressourcen werden nach wie vor ausgebeutet und Arbeiter in fremden Ländern haben unter schlimmsten Bedingungen zu leiden, um die westliche Welt mit minderwertigen Produkten zu versorgen. Mehr noch: Oftmals sind diese Waren sogar schädlich für den Konsumenten. Zahlreiche, aus Ostasien eingeführte Kleidungsstücke enthalten giftige chemische Farbstoffe, die unterschiedlichste Krankheiten auslösen können. (*12) In Deutschland sind diese Chemikalien bereits seit langer Zeit verboten. Dies hält die Importeure jedoch nicht davon ab, weiterhin Profit aus dem Handel mit diesen billigen Textilien herauszuschlagen. Auch dies ist eine Form der Verschwendung, und zwar eine der verabscheuungswürdigsten: Die Verschwendung von menschlicher Gesundheit.
Doch während diese Gefahr lediglich ein unbeabsichtigter Nebeneffekt der Profitgier ist, wird die Gesundheit der Konsumenten in manchen Fällen sogar wissentlich ruiniert. Seit Jahren geben Tabakunternehmen ihren Produkten Zusatzstoffe bei, die das Suchtpotenzial erhöhen und weit schädlichere Auswirkungen für den Körper haben als der Tabakrauch allein. Und das geschieht völlig legal. Zigaretten sind mit chemischen Zusatzstoffen derart manipuliert, dass sie sogar den scharfen Geschmack des Tabaks abmildern und ihn so für Jugendliche attraktiver machen. Aber durch die große Hitze, die beim Rauchen der Zigarette entsteht, können die verschiedenen Zusätze zu weit gefährlicheren Stoffen reagieren, die unter anderem das Krebsrisiko noch weiter erhöhen. (*13) Der Staat reagiert nur sehr zögerlich auf diese unzumutbaren Zustände, denn schließlich profitiert er selbst durch eine entsprechend hohe Tabaksteuer davon.
Wie auch sonst ist nicht das Wohl der Menschen entscheidend, sondern nur wie viel an dem Geschäft verdient werden kann. Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Käufer ihrer Waren fallen nicht mehr in den Verantwortungsbereich der Händler. Überhaupt werden solche Belange nur berücksichtigt, wenn sie den Absatz der Güter oder das Vermögen an sich gefährden. Das gleiche gilt für die Menschen, die als Arbeiter beschäftigt werden. In einem kapitalistischen Land, in dem die Arbeitskräfte billig sind und der Staat machtlos oder korrupt ist, geht Profit immer vor Arbeitsschutz. Die Katastrophe von Bhopal, eine der größten von Menschen verursachte Umweltkatastrophen der Geschichte, ist nur eines von vielen Beispielen für die potenziellen Konsequenzen, die aus dieser Art der Produktionsmentalität resultieren können. Doch sind es nicht nur diese große Katastrophen, die den Menschen Schaden zufügen. Immer öfter wird im Ausland produziert und die Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze und damit ihre Chancen, Geld zu verdienen. Wir brauchen eine Gesellschaft, die von einem Rückgang von nötigen Arbeitsplätzen profitiert und nicht dadurch beeinträchtigt wird. Es wird sich an all dem keine Änderung einstellen, bis sich diese Vorgehensweisen finanziell nicht mehr auszahlen oder bis dieses hochgradig gefährliche System einen kritischen Punkt erreicht und zusammenbricht. Doch es gibt auch Alternativen zu den bestehenden Strukturen. Setzt man die heutige Technologie richtig ein, kann sie die Lebensumstände aller Menschen auf der Erde zum Teil signifikant verbessern. Das Wirtschaftssystem muss grundlegend reformiert und jede Art von künstlich geschaffener Arbeit und Güterknappheit muss abgeschafft werden.
Die geplante Obsoleszenz ist ein weiterer großer Fehler unseres wirtschaftlichen Systems. An einem gewissen Punkt im Zeitalter der Industrialisierung hat der technische Fortschritt die Produktion von Gebrauchsgegenständen ermöglicht, die besser funktionierten und länger hielten als alles zuvor da gewesene. Der Mensch kaufte sich einmal eine Sache und nutze sie viele Jahre. Doch genau das war das Problem. Dadurch, dass die Waren so langlebig waren, brachen die Verkaufszahlen ein sobald der Markt mit einem gewissen Produkt gesättigt war. Wirtschaftstheoretiker diskutierten das Problem und kamen schließlich auf die Idee, eine feste Produktlebensspanne festzulegen. Diese beschreibt die Zeit, in der ein Gebrauchsgegenstand einwandfrei funktioniert. Spätestens nach Ablauf dieser Frist muss das Produkt gebrauchsunfähig sein, sodass es entweder repariert oder durch ein gänzlich neues Produkt ersetzt werden muss. Der erste bekannte Fall, bei dem diese Taktik angewandt wurde, ist die elektrische Glühlampe. Die Entwicklung dieses Produktes machte schnelle Fortschritte und schon bald entwickelten Ingenieure Versionen, die 2500 Stunden oder mehr leuchten konnten. Solche Glühlampen hätten die meisten Herstellerfirmen allerdings in den finanziellen Ruin getrieben, deshalb wurde durch ein Kartell die maximale Betriebsdauer einer Lampe auf lediglich 1000 Stunden limitiert. Somit konnten in der gleichen Zeit viel mehr Leuchtmittel verkauft werden. (*14) Die zusätzlich nötigen Rohstoffe, der Transport, die Arbeits- und Produktionszeit jedoch wurden verschwendet. Es ist selbstverständlich, dass dies nicht das einzige von geplanter Obsoleszenz betroffene Produkt war und noch immer ist. Auch die meisten anderen Waren sind von minderwertiger Qualität oder haben eingebauten Mängel, die eine langfristige Nutzung unmöglich machen. Nur wenige Produkte sind davon ausgenommen. Ein Beispiel hierfür wären Computer, da der technische Fortschritt in dieser Sparte noch immer so schnell Innovationen auf den Markt bringt, dass eine funktionsbedingte Obsoleszenz nicht notwendig ist. Welche Auswirkungen dies auf unsere natürlichen Ressourcen hat, ist nicht zu beziffern. Sie werden für die Produktion immer neuer Güter verschwendet, bestenfalls aufwendig wiederverwertet oder landen einfach auf gewaltigen Müllhalden irgendwo auf der Erde, wo die Menschen nicht fähig sind, sich dagegen zu wehren oder die Regierungen korrupt genug sind, dies zuzulassen. (*15) In den meisten Fällen wird sogar eine Reparatur des Produktes durch den Verbraucher unmöglich gemacht, sodass ein Neukauf unabdingbar wird. All dies nur um einen stetigen Kreislauf des Geldes zu garantieren, welches vom Verbraucher ausgegeben, von Firmen erwirtschaftet und letztendlich wieder an den Arbeiter oder Angestellten ausgezahlt wird.
Bei der Arbeitsteilung handelt es sich, wie so oft, um ein zweischneidiges Schwert. Grundsätzlich ist sie als unverzichtbares Element der Zivilisation aufzufassen, da selbst die Einteilung in unterschiedliche Berufe bereits eine Art der Arbeitsteilung bedeutet. Ein Bauer liefert Lebensmittel, ein Weber die Textilien, der Bauarbeiter errichtet Häuser und ein Handwerker stellt Werkzeuge her. Jeder für sich wäre nur eingeschränkt lebensfähig, denn selbst der Bauer benötigt zur Nahrungsmittelproduktion einen Pflug und ein Dach über dem Kopf. Die Aufteilung der Arbeit ist jedoch immer mit einem Verlust von Selbstständigkeit verbunden. Mehrere Gruppen von Jägern und Sammlern, die sich selbst versorgen und alles was sie benötigen herstellen (wenn auch auf einem eher primitiven Niveau), können vollkommen unabhängig voneinander leben. Verschwindet jedoch einer der Akteure in der oben genannten Gruppe, kann dies zu schwerwiegenden Problemen für die von ihm versorgten Menschen führen. Das Zusammenspiel von hoch spezialisierten Arbeitern kann auch zu einer höheren Gesamtproduktivität führen, da sich jeder nur auf seine Aufgabe konzentrieren muss. Allerdings steigt der Grad der Abhängigkeit proportional mit der fortschreitenden Aufteilung der Arbeit. Je einfacher eine Arbeit ist, desto geringer ist gleichzeitig ihr Wert, da keine besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse nötig sind und die Arbeit dadurch von einer großen Anzahl Menschen ausgeführt werden kann. Fertigt ein Handarbeiter sein ganzes Leben lang nur ein einzelnes Teil einer Uhr an, ist er vollkommen abhängig von seinen Arbeitgebern. Seine Arbeit allein hat keinerlei Wert, es sei denn, er nimmt am Produktionsprozess im Rahmen einer Manufaktur oder Fabrik teil. Eine selbstständige Arbeit ist damit ausgeschlossen. Abgesehen davon kann die monotone und eher stumpfsinnige Arbeit zu gesundheitlichen Problemen führen, da stets die gleichen Bewegungsabläufe ausgeführt werden und sich auch der Verstand niemals einer anderen Herausforderung stellen muss. Die Arbeitsteilung ist in ihrer übertriebenen Form mit Sicherheit ein hilfreiches Werkzeug des Kapitalisten, um niemals von den Fähigkeiten seiner Arbeiter abhängig zu werden. Allerdings wäre eine komplette Abschaffung kontraproduktiv und ließe sich auch nicht realisieren. Teilt man die Arbeit nicht in ihre einzelnen Handgriffe auf, sondern lehrt den Uhrmacher, anstatt nur ein paar Zahnrädern eine komplette Uhr herzustellen, gewinnt sein Handwerk wesentlich an Qualität. Der Handwerker erlangt auf diese Weise nützliche Fertigkeiten, ein weitaus größeres Verständnis und mehr persönliche Motivation für seine Tätigkeit und ist immerhin insofern selbstständig, dass er allein für sich selbst produzieren, und eine fertige Ware verkaufen könnte.
Wer das eigenen Kapital klug eingesetzt, wird immer wieder neue Wege finden, um es zu vervielfachen. Und wenn die finanzielle und gesellschaftliche Position erst einmal gefestigt ist, werden die nötigen Maßnahmen unternommen, um möglichst vielen anderen Menschen diesen Aufstieg zu verwehren und den eigenen Status zu sichern. Das ist möglich, da mit dem Besitz von viel Geld auch immer viel Macht und Einfluss verbunden sind. Geld ist konserviertes Machtpotenzial, denn andere Menschen sind auf einen Lohn oder einer sonstigen finanziellen Unterstützung angewiesen. Nur die wenigsten Menschen in der westlichen Welt könnten vollkommen ohne Geld überleben. Darum kann es leicht als Druckmittel oder für Bestechungen eingesetzt werden. Korruption ist nicht allein auf den Einsatz von Geld zurückzuführen, wird dadurch jedoch gefördert und vereinfacht. Menschen mit einem großen Vermögen verfügen also über mehr Macht als andere und können Einfluss auf die Autoritäten ausüben. Selbst der Staat ist auf die Kooperation mit den mächtigsten Unternehmern angewiesen. Und mit ihm sind auch wir als Bürger ihrer Willkür ausgesetzt. Solange es also Geld gibt, wir es als Machtinstrument missbraucht werden. Menschen, die in armen Verhältnissen geboren wurden und sich im Laufe ihres Lebens ein Vermögen mit harter Arbeit verdienten, gebührt Anerkennung. Allerdings begründen sich das Eigentum von Millionären in den meisten Fällen nicht auf die alleinige Eigenleistung. Sobald genügend Kapital vorhanden ist, wird es investiert und ab diesem Zeitpunkt wird der zuvor nur als Arbeiter tätige Mensch zum Kapitalisten, da er nun von der Arbeit anderer profitiert. Doch selbst wenn ein Mensch lediglich durch eigene Kraft ein beachtliches Vermögen anhäufen konnte, nimmt die Ungerechtigkeit spätestens in der zweiten Generation seinen Lauf, wenn der Besitz vererbt wird. Bekanntlich kann sich niemand den Ort seiner Geburt oder seine Familie wählen oder verdienen. Darum ist es unverhältnismäßig, den Reichtum ähnlich wie einen Adelstitel (in Verbindung mit den entsprechenden Privilegien) von Generation zu Generation weiterzugeben. Dieses Problem wird im Anarchokommunismus umgangen. Menschen besitzen kein Geldvermögen und keine Produktionsstätten mehr, also können nur persönliche Besitztümer vererbt werden. Und das ist vollkommen unproblematisch, da Besitz und der in der Fachliteratur verwendete Begriff des Privateigentums bekanntlich nicht identisch sind.
So viel Tod, Leid und Unglück ein Krieg für die Bevölkerungen aller Konfliktparteien auch bringt, so viel Geld verdienen auch die Produzenten des dafür benötigten Kriegsmaterials. Natürlich schafft ein bevorstehender Krieg eine große Anzahl neuer Arbeitsplätze, mit denen viele Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen können. Dieses Geld wird wiederum für Konsumzwecke benutzt und den Produzenten zugeführt. Das enorme Wirtschaftswachstum zu Zeiten des Krieges ist heutzutage einer der Hauptgründe, warum überhaupt Kriege geführt werden. Niemals geht es um die Befreiung unterdrückter Völker, wie es gern behauptet wird. Der Frieden ist den wirtschaftlichen Interessen der führenden Kapitalisten abträglich. Frieden bedeutet, dass weder ein Bedarf an Waffen zur Zerstörung, noch Baumaterialien zum Wiederaufbau besteht. Bleibt das Geld nicht in stetigem Umlauf, schwächt dies die Funktion der Wirtschaft und damit die Macht jener, die mithilfe ihres Vermögens andere Menschen und ganze Nationen kontrollieren.
Die Vereinigten Staaten von Amerika waren nicht nur in militärischer Hinsicht Gewinner des Zweiten Weltkrieges. Der Krieg war für einige Amerikaner vor allem ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor, der ihre zukünftige kulturelle und wirtschaftliche Vormachtstellung in der Welt mitbegründete. Sofort nach dem Krieg bot die amerikanische Regierung (im Rahmen des Marshallplans) dem Westen Europas Kredite zum Wiederaufbau zu günstigen Konditionen an. Gleichzeitig konnten sie das Geld schnell zurückverdienen, indem sie den Westeuropäern ihre fortschrittlichen Produktionsmaschinen verkauften. Somit verdienten die USA doppelt: Einerseits erzielten die privaten Unternehmer einen hohen Absatz der eigenen Produkte, andererseits erhielt der Staat Zinsen für die gewährten Kredite. Endlich fanden die Amerikaner einen Absatzmarkt für ihre gewaltige Überproduktion. Zählt man dazu noch die gewaltige Kriegsproduktion während des Krieges und die vielen Arbeiter, die dadurch beschäftigt wurden, erkennt man die enormen Auswirkungen eines Krieges auf die wirtschaftliche Situation eines Landes. Auch die Nationalsozialisten nutzten den bevorstehenden Krieg als Möglichkeit, die marode deutsche Wirtschaft zu verbessern, selbst wenn dies nicht das Hauptziel war. Nebenbei konnten sie den Reichtum einiger Staatsbürger (vor allem die Vermögen der Juden) an sich reißen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass bewaffnete Konflikte letztlich zu Werkzeugen werden, um die nationalen oder privaten Profite zu steigern.
Der Staatsbürger allein führt keine Kriege, in denen Millionen von Menschen sterben. Es sind immer Regierungen oder Tyrannen, die solche Konflikte untereinander austragen. Der Bürger würde auch nicht einfach auf Befehl einen völlig fremden Menschen töten, wäre er nicht derartig durch die staatliche Propaganda manipuliert und in seiner geistigen Entwicklung beeinträchtigt. Das Ziel muss deshalb sein, dem Menschen die Sinnlosigkeit und Abscheulichkeit aller Kriege und vor allem ihre Ursache zu verdeutlichen. Niemand, der die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Krieg realisiert und die große Ungerechtigkeit versteht, wird jemals wieder freiwillig an einer solchen Auseinandersetzung teilnehmen.
Staaten bilden die dominanten politischen Systeme in den meisten Regionen der Erde. Sie sind allgemein anerkannt und blicken auf eine lange Tradition zurück, in deren Verlauf ihre Existenzen nur selten durch antiautoritäre Initiativen, wie Autonomiebestrebungen, gefährdet wurden. Letzteres geschieht meistens dann, wenn sich das Land bereits im Bürgerkrieg befindet. Ein Beispiel hierfür wären die Machno-Bewegung in der Ukraine. Staaten beanspruchen immer das Gewaltmonopol innerhalb eines bestimmten Gebietes für sich. In welchem Ausmaß sie in das Leben ihrer Bürger eingreifen, variiert sehr stark und ist abhängig von der Art des Staates. Allerdings findet man immer wieder Ähnlichkeiten in den Mechanismen unterschiedlicher Staaten. Die Deutsche Demokratische Republik zeigte eindeutige Parallelen zum Dritten Reich. Der übermäßige Einsatz von Propaganda, der Personenkult um politische Führer, die gezielte Indoktrination der Kinder in Jugendorganisationen (die Gemeinsamkeiten der Hitlerjugend zur Freien Deutschen Jugend sind unverkennbar), sowie die Überwachung, Bestrafung und Ermordung von Regimegegnern sind nur Beispiele der Überschneidungen. Dies sind alles Kennzeichen eines autoritären Staates. Selbst wenn die DDR und das nationalsozialistische Deutschland unterschiedliche Ideologien repräsentierten, sind sie beide Regime stark autoritär geprägt. Die herrschenden Parteieliten nutzten jeweils ihre Propagandamaschinerien um die Bevölkerung zu verblenden und um sie für ihre Zwecke zu missbrauchen. Viele Menschen, von denen ein großer Teil auch in dem entsprechenden System aufwuchsen, schworen den rechten und linken Faschisten bis zum Totenbett die Treue, die sie auf widerlichste Art im Krieg verheizten oder an der innerdeutschen Grenzmauer auf Flüchtlinge hetzten. Faschismus steht also nicht zwingend in Verbindung mit einer Ideologie (die häufig in den Augen der Menschen von zentraler Bedeutung ist), sondern ist vor allem die radikalste Form der autoritären staatlichen Ordnung. Natürlich sind nicht alle Staaten derart menschenverachtende Regime wie diese beiden Beispiele, allerdings basiere sie alle auf unterschiedlich stark ausgeprägte Formen der autoritären Hierarchie. Und diese Strukturen können leicht durch die Herrschenden für egoistische Zwecke missbraucht werden. Ein menschlicher Staat ist kein von der Natur oder von den Instinkten diktierte Notwendigkeit, sondern ein Konstrukt, dass allein dem menschlichen Geist entspringt. Und da der Mensch kein vollkommenes Wesen ist, enthält jede Staatsform letztendlich Mängel und Unzulänglichkeiten.
Der Nationalstaat wird durch die Globalisierung in Zukunft immer mehr an Bedeutung verlieren, er ist ein veraltetes Konzept. Je mehr Wissen und Einsicht ein Mensch erlangt, desto klarer wird ihm, dass seine individuellen Fähigkeiten wesentlich bedeutender sind als abstrakte und stereotype Eigenschaften, die mit der eigenen Nationalität verbunden werden. Nationalisten verharmlosen die Fehler und Schwächen ihrer Nation und verteidigen sie im Extremfall mit allen Mitteln. Der Mensch ist aufgrund seiner verzweifelten Suche nach Identität verblendet und unfähig (beziehungsweise unwillig), außerhalb dieser Gruppe zu existieren. Staaten existieren nur auf dem Papier, allein das Land und die Menschen sind real.
Der Staat maßt sich unter anderem an, den Menschen bestimmte Regeln in Form von Gesetzen vorzugeben, die sich an einer Reihe von Idealen und Werten orientieren. Jeder Staatsbürger ist gezwungen, entweder die Gesetze zu akzeptieren oder seine Heimat zu verlassen, nur um sich an einem anderen Ort anderen Regeln fügen zu müssen. Es bleibt keine Möglichkeit, sich den allumfassenden Gesetzen zu entziehen, wie auch immer sie lauten mögen. Diesem Anspruch auf Allgemeingültigkeit können viele Gesetze in der Praxis jedoch nicht gerecht werden. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass sie komplexe Konfliktsituationen vereinfacht darstellen und nur geschickt manipuliert werden müssen, um die Schuld oder die Unschuld eines Menschen zu beweisen. Gesetzbücher sollen den Anschein von Objektivität in der Rechtsprechung gewährleisten, doch eigentlich stellen sie nur einen von einer Vielzahl von möglichen Standpunkten dar. Jeder Mensch muss seine persönlichen Ansichten, Regeln und Moralvorstellungen selbst erkennen und sich nicht auf eine vorgefasste Meinung berufen. Anhand der Reaktionen aus seiner Umwelt erfährt er schließlich, inwiefern die eigenen Regeln gerecht sind. Aufgrund dieser Subjektivität ist jede Dogmatisierung von Regeln und der Erlass von allgemeinen Verboten unrecht. Die einzigen legitimen Konsequenzen, die sich aus einer Handlung ergeben können, sind die individuellen Urteile jedes Menschen und die natürlichen Folgen der Handlung selbst (wie etwa gesundheitliche Schäden aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums). Auch dieses Buch besteht lediglich aus persönlichen Ansichten, welche die Basis für eine freie Gesellschaft bilden sollen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass viele Menschen diese Meinungen aufgrund eigener Überzeugungen entschieden ablehnen. Es ist nur gerecht, das jeder sein persönliches Urteil fällt und darum sollte jeder dazu berechtigt sein. Anders verhält es sich immer dann, wenn der Mensch keine Wahl hat. Dies kann sich in Verboten von Büchern und sonstigen Informationen äußern. Verlässt sich der Mensch auf die Gesetzgebung als Maß für richtiges und falsches Verhalten und Denken, verliert er die Fähigkeit, diese subjektiven Werte für sich selbst zu erkennen. Wird ein Verbrechen durch das Gesetz legalisiert, wird es im schlimmsten Fall kritiklos akzeptiert und praktiziert. Jeder Mensch kann letztendlich zum Verbrecher werden, wenn er in der Überzeugung handelt, das Richtige zu tun.
Ebenso werden immer wieder Gesetze erlassen, die sich auf zweifelhafte Notwendigkeiten stützen, nur um die Menschen zu kontrollieren. Oft handelt es sich nur um Zwangsmaßnahmen, die nur eine oberflächliche Lösung eines Problems darstellen. Es hat beispielsweise keinen Sinn, Waffen zu verbieten. Denn auch sie sind lediglich Werkzeuge, um ein bestimmtes Vorhaben (wie zum Beispiel einen Mord) auszuführen. Verbietet man sie also, nimmt man dem Täter lediglich einige Optionen. Aber man bekämpft nicht die Ursache an sich, also den Grund, warum ein Mensch überhaupt jemanden töten will. Darum sind alle Gesetze, die lediglich den Symptomen eines Missstandes entgegenwirken, beziehungsweise ihre Entwicklung nur hemmen, anstatt das grundsätzliche Problem aus der Welt zu schaffen (wie Beispielsweise eine zu große Kluft zwischen armen und reichen Menschen), von vornherein zum Scheitern verurteilt. Außerdem dürfen potenzielle Gefährdungen für andere Menschen (wie zum Beispiel bei Drogenkonsum) nicht als Grundlage für Verbote und Strafmaßnahmen dienen. Schließlich wird auch niemand vor einer Straftat verhaftet. Eine strikte Gesetzgebung ist für die menschliche Entwicklung nicht förderlich. Sie nimmt einem die Freiheit, selbst über richtig und falsch zu entscheiden. Jemand, der sein Leben lang auf Krücken ging, wird niemals richtig laufen können. Wie sollen also moralische Urteile gefällt werden, wenn die “richtige” Entscheidung immer vorweg genommen wird?
Wie im Falle der in einem späteren Kapitel beschriebenen freien Verträgen ist die Abschaffung einer universellen Gesetzgebung nicht gleichbedeutend mit dem Verschwinden jeglicher Regeln für das menschliche Zusammenleben. Neben der Selbstdisziplin des Individuums können auch andere Verhaltensregeln erlassen werden, sofern sich alle betroffenen Menschen freiwillig zu ihrer Einhaltung verpflichten. Niemand kann jedoch zur Einhaltung dieser Regeln ohne eigene Zustimmung gezwungen werden. Außerdem können sich keine Konsequenzen aus der Nichtbefolgung ergeben, bis auf die Annullierung der Kooperation. Wenn sich beispielsweise die Arbeiter einer Fabrik zu einem Kollektiv zusammenschließen, liegt es im Interesse aller, dass sich die Mitglieder des Kollektivs aufeinander verlassen können, sodass effizient produziert werden kann. Daher beschließen sie in ihrer ersten Versammlung eine freiwillige Verpflichtung zur Pünktlichkeit, welche einstimmig akzeptiert wird. Sollten in der Zukunft einige Arbeiter wiederholt gegen diese freiwillige Verpflichtung verstoßen, können sie auf Grund dessen ausgeschlossen werden. Wenn jedoch einer oder mehrere Arbeiter eine solche Verpflichtung abgelehnt hätten, wäre dies auf der Versammlung diskutiert worden. Bei Unstimmigkeiten können Alternativen und Kompromisse vorgeschlagen werden. Im Notfall könnten die Arbeiter auch in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden, die schichtweise an den Maschinen der Fabrik arbeiten, da diese keiner der beiden Gruppen allein gehören. Letztlich handelt es sich jedoch immer um ein Kollektiv aller Arbeiter, welche die Fabrik verwalten.
Staaten erheben einen absoluten Anspruch auf das Territorium in ihrem Herrschaftsbereich. Möchte sich also eine Minderheit vom Staat lösen, und auf dem von ihnen bewohnten und bewirtschafteten Land nach eigenen Gesetzen leben, wird dies vom Staat gewaltsam verhindert werden. Die Frage ist, mit welchem Recht der Staat diesen Herrschaftsanspruch begründet. Das Individuum kann seine Staatsangehörigkeit ablegen, aber seine Heimat, sein Besitz (wie zum Beispiel ein Haus) kann auf diesem Wege niemals von der Herrschaft des Staates befreit werden. Es sollte jedem Menschen frei stehen, sich von jeglicher Autorität zu befreien und dies sollte nicht von seinem angestammten Wohnort abhängen. Die Selbstbestimmung ist ein Völkerrecht und muss universell Anwendung finden, und nicht nur für unterdrückte ethnische Minderheiten, die im Laufe ihrer Geschichte in einen Zentralstaat inkorporiert wurden. Erfolgreiche Sezessionen sind der Schlüssel für die Schwächung und schrittweise Abschaffung des Staates. Denn mit der Aufsplitterung des staatlichen Gefüges und erfolgreicher Selbstverwaltung beweisen die Bürger, dass der Staat tatsächlich überflüssig ist. Aus diesem Grund wird die Regierung mit allen Mitteln versuchen, eine Selbstorganisation der Bürger zu verhindern oder zu sabotieren.
Die staatlich organisierte Gesellschaft wird im Anarchokommunismus aufgelöst, und durch soziale Netzwerke aller Art ersetzt. Freie Individuen schließen sich zum Zweck der gegenseitigen Unterstützung zusammen, um voneinander zu lernen oder weil sie ähnliche Interessen besitzen. Dieses grundsätzliche Prinzip der freien Föderation wird auf alle Lebensbereiche übertragen.
Ein Mensch kann sich unter günstigen Bedingungen selbst versorgen. Er kann wilde Tiere jagen, ein Feld bestellen oder Früchte und Wurzeln sammeln, um sich zu ernähren. Auch eine Unterkunft kann zum Schutz errichtet werden. Es ist jedoch unmöglich, allein durch die eigene Arbeit alles herzustellen, was für einen hohen Lebensstandard benötigt wird, wie ihn beispielsweise viele Europäer genießen. Aus diesem Grund handeln Menschen überhaupt mit Waren, weil sie abhängig von der Produktion und den Kenntnissen anderer sind. Könnte alles selbst produziert werden, gäbe es keine armen und reichen Menschen, sondern nur Gleiche unter Gleichen. Individualisten fürchten manchmal, ihre Unabhängigkeit in einer anarchokommunistischen Gesellschaft zu verlieren. Die Abhängigkeit des Individuums von der Gesellschaft, die es mit allen benötigten Gütern ausstattet, ist jedoch längst eine Tatsache und kein zukünftiges Szenario. Aufgrund der Jahrtausende, die durch ständigen Mangel an Waren und Diensten gekennzeichnet waren, kristallisierte sich ein System heraus, welches mit Zwischentauschmittel und Märkten arbeitet, um diesen Gütern einen wirtschaftlichen Wert beizumessen. Diese, an anderer Stelle dieses Buches ausführlicher kritisierte Mechanismen, können aber ebenso gut durch den freien Austausch der produzierten Waren ersetzt werden. Ein Mechaniker braucht nicht seine ganze Arbeitszeit dazu, um nur sein eigenes Fahrzeug zu reparieren. Auch ein Bäcker kann mehr als nur das für seinen eigenen Bedarf nötige Brot backen. Jeder Arbeiter produziert einen Überschuss, den er selbst nicht konsumieren kann. In anderen Fällen leisten Menschen eine Arbeit (beispielsweise eine Dienstleistung), von der viele andere profitieren. Darum teilen Menschen in einer anarchokommunistischen Gesellschaft diesen Überschuss innerhalb ihrer Kommune und beziehen im Austausch dafür Unterstützung durch alle anderen Mitglieder. Natürlich bestehen diese Zusammenschlüsse aus einer begrenzten Anzahl an Menschen, da die persönliche Assoziation untereinander die Grundlage für das erfolgreiche Funktionieren darstellt. Über die Aufnahme in die Kommune wird unter den bestehenden Mitglieder demokratisch abgestimmt. Eine Kommune mit vielleicht 50 bis 100 Mitglieder kann aber noch noch nicht alle erdenklichen Waren herstellen, die benötigt werden. Daher bieten sich weitere Kooperationsmöglichkeiten an. Die Einzelperson schließt sich also einer Gruppe freier Menschen an, die sich gegenseitig unterstützen und mit Gütern versorgen. Dies ist, wie beschrieben, die Kommune. Die Kommunen schließen sich dann zu noch größeren Netzwerken zusammen, um Waren und Dienstleistungen auszutauschen. Diese Übereinkünfte beruhen auch hier vollständig auf Freiwilligkeit und können zu jedem Zeitpunkt beendet werden. Für den Schutz der individuellen und kommunalen Interessen sind die Menschen selbst verantwortlich. Die gemeinsamen Besitztümer der Kommune können in Lagerhäusern aufbewahrt, und bei Bedarf durch Zugangskontrolle und Bewachung vor Einbruch geschützt werden. Genauso verhält es sich mit der Verteidigung der Menschenrechte der Mitglieder, deren Freiheit, das Recht auf Besitz und Bekämpfung von neuen autoritären Strukturen. Die moderne Kommunikationstechnik fördert die gegenseitige Vernetzung so weit, dass auch komplizierte Kooperation durch ständigen Informationsaustausch stark vereinfacht wird.
Es ist eines der wichtigsten Merkmale des Anarchismus, dass soziale Interaktion und Kooperation immer auf Freiwilligkeit beruhen. Auf unterschiedlichen Ebenen, wie beispielsweise der Straße, dem Stadtviertel, innerhalb verschiedenen Interessengruppen (wie etwa Umweltschützer, ect.) oder am Arbeitsplatz bilden sich Verbände, um die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Das bedeutet allerdings nicht, dass mit der strikten Orientierung am freien Willen auch alle Formen des Vertrages und der Verpflichtung abgeschafft werden. Sofern auch hier die Übereinkunft auf Freiwilligkeit basiert, können nach eigenen Vorstellungen Verträge geschlossen werden. Die Lohnarbeit wird jedoch zusammen mit jeder Form des Geldes abgeschafft und darum wären konventionelle Arbeitsverhältnisse als Inhalt dieser Verträge bedeutungslos. Dies hat erheblichen Einfluss auf den gegenseitigen Umgang unter den Menschen. Jemand, der übermäßig egoistisch handelt, Verträge missachtet oder ein Verbrechen begeht, riskiert mehr als eine Geld- oder Freiheitsstrafe wie in unserem heutigen Staat. Die Mitgliedschaft in einer Kommune ist kein Menschenrecht, denn gegenseitige Hilfe kann nicht wie in einem Sozialstaat erzwungen werden. Wird man also von den übrigen Mitgliedern der Kommune ausgeschlossen, verliert man unter Umständen seine Lebensgrundlage. Natürlich kann man einer anderen Kommune beitreten, aber wenn sich das eigene Verhalten nicht zum Besseren verändert, wird dies auch von ihren Mitgliedern nicht lange toleriert werden. Auch aus einem Kollektiv können Mitarbeiter, die Ressourcen verschwenden und die Produktion behindern, entfernt werden. Diese Vorgehensweise ist sowohl natürlich auch als auch selbsterklärend. Vom endgültigen Ausschluss aus der Kommune sollte jedoch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden. Doch wenn die Gründe für die Entfernung unbegründet oder willkürlich sind, wird die betreffende Person auch keine Schwierigkeiten haben, eine neue Kommune zu finden. Sollte es jedoch dazu kommen, sind jene ausgeschlossenen Personen auf die Almosen anderer angewiesen. Ob sie diese erhalten oder nicht, liegt im Ermessen der anderen Menschen. Oder sie schließen sich ebenfalls zusammen und formen eine eigene Gesellschaft, die nach anderen Regeln funktioniert. Ganz anders verhält es sich natürlich mit Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig sind. Denn anders als bei jenen, die eine Mitarbeit trotz Eignung und Arbeitsfähigkeit verweigern, geschieht dies in diesem Fall nicht aus Egoismus. Es ist davon auszugehen, dass viele Mitglieder der Kommune eine Unterstützung und Integration dieser Menschen als selbstverständlich betrachten und dafür Sorge tragen, dass es ihnen an nichts mangelt. Dies gilt vor allem für ihre Freunde und Verwandte und fördert deren Zusammengehörigkeitsgefühl. In der anarchistischen Gesellschaft kann man sich nicht mehr hinter seinem Besitz oder Vermögen verstecken. Hier zählen Kooperations- und Kompromissbereitschaft, wenn die eigenen Ziele erreicht werden sollen. Es wird keinen Staat mehr geben, der für die Missstände in der Gesellschaft verantwortlich gemacht werden kann. Der Mensch allein hat sein Schicksal in der Hand, ihm steht jede Möglichkeit offen, es sei denn es beinhaltet die Unterdrückung oder die Ausübung von Gewalt auf andere. Es wird eine Zeit kommen, in der wir die Existenz von privaten Firmen mit der Knechtschaft von Leibeigenen durch ihre Herren gleichsetzen werden. Wie Privatpersonen, verfügt auch die Kommune über keine Fabriken oder sonstige Produktionsstätten, selbst wenn diese zu einem großen Teil durch Arbeiter bewirtschaftet werden, die einer einzigen Kommune angehören. Alle Menschen können gleichzeitig vielen verschiedenen Vereinigungen angehören und die Kollektive am Arbeitsplatz funktionieren grundsätzlich unabhängig von jeder Kommune. Das bedeutet, dass sich Arbeiter von unterschiedlichen Kommunen ohne weiteres gemeinsam einem bestimmten Arbeitskollektiv anschließen können.
Streitigkeiten müssen in einer anarchokommunistischen Gemeinschaft anders als in unserer heutigen Gesellschaft beigelegt werden. Es gibt nun keinen Staat mehr, der als Schlichter auftritt und diesen Posten allein für sich beansprucht. Wann immer es zu abweichenden Meinungen in Situationen kommt, die mindestens zwei Menschen betreffen, müssen Versammlungen zu deren Schlichtung einberufen werden. Dort treffen sich alle Beteiligten Menschen oder, wenn die Gesamtanzahl den Rahmen sprengen würde, ausgewählte Vertreter einer kollektiven Meinung oder eines Standpunktes. Diese Vertreter sind verpflichtet, sich für ihren Standpunkt einzusetzen und können jederzeit ersetzt werden. Das Ziel einer jeden Schlichtung ist naturgemäß der Kompromiss, aber es sind auch alternative Lösungen oder sonstige Übereinkünfte möglich.
Im Falle eines Krieges und anderer kämpferischer Auseinandersetzungen müssen Milizen zur Verteidigung aufgestellt werden. Diese setzen sich aus allen Menschen der Kommune zusammen, die sich selbst als geeignet betrachten und sich freiwillig zu diesem Dienst melden. Jeder Mensch ist also berechtigt, sich und andere zu verteidigen. Die dazu nötigen Kenntnisse können sich die Freiwilligen zu Friedenszeiten aneignen, da Waffenbesitz nicht reglementiert ist und die militärische Ausbildung jederzeit erfolgen kann. Auch im Verteidigungsfall behalten die Kommunen ihre föderative Struktur bei, es wird auch dann keine zentrale Autorität existieren. Ebenso dezentralisiert wie alle anderen Aspekte des Zusammenlebens sind auch die militärischen Streitkräfte organisiert. Trotzdem steht einem Oberkommando grundsätzlich nichts im Weg, sofern es von den Menschen freiwillig akzeptiert wird. So wie alle Vertreter in der anarchokommunistischen Gesellschaft müssen sich auch militärische Befehlshaber auf den Rückhalt der Menschen stützen. Sie können jederzeit von ihrem Posten entfernt und ersetzt werden.
Mit der staatlichen Struktur verschwinden auch alle damit in Verbindung stehende Organe wie Polizei, Militär, der Zoll und alle Gerichtshöfe. Schließlich müssen auch Gefängnisse beseitigt werden, da sie sich in den meisten Fällen nicht dazu eignen, die Menschen zu resozialisieren und wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Körperliche Bestrafungen, wie die Prügel- oder Todesstrafe wurden in vielen Teilen der Welt schon früh als inhuman erkannt und daher verboten. Die Gefängnisstrafe ist jedoch noch immer eines der gebräuchlichsten Mittel, um ein begangenes Verbrechen zu bestrafen. Der Aufenthalt im Gefängnis ist lediglich verlorene Zeit mit keiner oder nur sehr geringer produktiver Tätigkeit. Abgesehen von hypothetischen, zukünftigen Opfern profitiert niemand davon, dass der Täter eingesperrt wird. Letzterer wird aber vielleicht für sein ganzes restliches Leben geprägt und die Chance, ein Leben frei von Schuld zu leben, wird immer geringer. Es kommt der Wirklichkeit tatsächlich viel näher, Verbrechen als Symptom einer Krankheit zu betrachten. Darum ist es das einzig sinnvolle, die Ursachen der Verbrechen zu identifizieren und wenn möglich zu beseitigen. Eine der wenigen moralisch unbedenklichen Strafen ist die Verweigerung der Kooperation gegenüber einem bestimmten Individuum, um gegen dessen Fehlverhalten vorzugehen. Sie verletzt weder den Körper, die Freiheit, die Psyche oder die Rechte des Bestraften. Die Strafenden machen lediglich von ihrem eigenen Recht Gebrauch und dies ist gerechtfertigt, da niemand zu einer Handlung gezwungen werden darf. Für alle Konsequenzen, die sich aus der Nichtunterstützung anderer Menschen ergeben (wie etwa der Ausschluss aus Gemeinschaften oder mangelnde Versorgung mit Gütern) ist jeder selbst verantwortlich. Wenn alle Versuche fehlschlagen, bleibt nur die weiter oben beschriebene “Verbannung” aus dem sozialen Gefüge. Allerdings würde die Vergeltung von Verbrechen in einer anarchistischen Gesellschaft (in welcher Form auch immer) endlich über bloße materielle Entschädigung erhoben. Wenn sich die Menschen ohnehin freiwillig unterstützen, gehören Geldstrafen und Ähnliches der Vergangenheit an. Es müssten jedem einleuchten, dass man schwere Verletzungen oder sogar den Tod eines Menschen nicht mit Geld aufwiegen kann, und dass jeder Versuch, dies zu tun, eine Missachtung und Beleidigung des Opfers darstellt. Denn wie viel ist ein Menschenleben wert? Oder wie viel bezahlt man jemanden, der sein Augenlicht durch die Schuld anderer verloren hat? Auch geschickte Anwälte scheinen den finanziellen “Wert” eines Menschen im Laufe eines Gerichtsprozesses noch weiter steigern zu können. Und dass ein Mensch aufgrund seiner Herkunft oder seines Einkommens mehr Wert ist als ein anderer, ist offenbar ebenso logisch wie der großflächige Einsatz billigen “Menschenmaterials” für lebensgefährliche Arbeiten. Dies sind keine Erinnerungen an eine vergangene Zeit, noch heute existieren diese Zustände. Ein passendes Beispiel hierfür wären die indonesischen Schwefelminen. (*16)
Um den gegenwärtigen Konsumrausch zu stoppen, sowie unnötige Arbeit und die Verschwendung von Rohstoffen zu vermeiden, soll die Produktion von Waren dezentralisiert und entsprechend dem tatsächlichen Bedarf der Menschen ablaufen. Dazu ist eine radikale Änderung des Wirtschaftssystems und die Enteignung jeder Produktionsstätte unabdingbar.
Das Eigentum an Produktionsmitteln wird kollektiv verwaltet. Jeder Arbeiter einer Fabrik und jeder Bauer eines landwirtschaftlichen Betriebes ist Teil des entsprechenden Kollektivs. Das Besitzrecht von selbst produzierten Waren und den nicht-produktiven Besitztümern der einzelnen Mitglieder der Kommune muss jedoch von der Gemeinschaft akzeptiert werden. Das heißt, dass zum Beispiel das eigene Haus und das Produkt der eigenen Arbeit (dessen Überschuss als Beitrag den restlichen Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird) dem individuellen Menschen gehören muss, um seine prinzipielle Unabhängigkeit zu gewährleisten. Mit seinem selbst verdienten Besitz und dem eigenen Arbeitsprodukt kann sich ein Mensch also einer beliebigen Kommune anschließen. Außerdem hat eine Kommune keinen Herrschaftsanspruch auf ein Gebiet. Das bedeutet, dass einem Menschen nicht das Wohnrecht an einem bestimmten Ort verweigert werden darf, nur weil diese Person einer anderen Kommune angehört. In die Entscheidung über bauliche Maßnahmen und die Gestaltung in einem bestimmten Gebiet müssen zwingend alle betroffenen Anwohner miteinbezogen werden, wenn sie dies wünschen.
Der Kapitalismus ist darauf ausgelegt, immer besser zu funktionieren, je mehr Produkte gekauft und konsumiert werden. Während heutzutage an jeder Stelle ein nachhaltiger und schonender Umgang mit Rohstoffen propagiert wird, ist in Wahrheit das genaue Gegenteil der Fall. Der Mensch wurde durch die Wirtschaft dazu erzogen, möglichst viel zu konsumieren und dieses Verhalten nicht zu hinterfragen. Echte, immaterielle Werte werden dabei häufig vernachlässigt. Dabei ist es vollkommen egal, ob die Ware tatsächlich etwas zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt oder überhaupt notwendig ist. Allein dieser Umstand erklärt bereits einen Teil des Problems: Viele Menschen besitzen Produkte, die sie nicht benötigen. Gegen die minderwertigen und kurzlebigen Produkte der Industrie kann sich der Verbraucher, abgesehen vom Boykott, kaum wehren. Doch gerade wenn sich bei der Produktion und eben bei der Wirtschaft etwas ändern würde, müsste auch viel weniger Altmaterial recycelt werden. Die Lösung dieses Problems besteht darin, den maximalen Konsum als ein gesellschaftliches Ideal durch den idealen Konsum, einer Mischung aus sparsamer Produktion und langlebiger Konzeption der Waren, abzulösen.
Durch die angestrebte dezentralisierte Produktion kann, aufgrund der Orientierung am Bedarf, vor allem im Lebensmittelsektor größere Verschwendung vermieden werden, was beispielsweise auch weniger unnötig geschlachtete Tiere bedeuten könnte. Heute wird Fleisch in Massen produziert und zu einem geringen Preis angeboten. Die frischebedingte Entsorgung dieser Produkte ist besonders bedauernswert, wenn man die zu diesem Zweck getöteten Tiere denkt. Außerdem kostet die Produktion von Fleisch auch pflanzliche Lebensmittel, die als Futter für die domestizierten Tiere eingesetzt werden. Würde man diese auf direktem Wege als Nahrung nutzen anstatt sie zu verfüttern, könnten wesentlich mehr Menschen davon satt werden. (*17) Der Welthunger würde bei einem Verzicht auf übermäßigen Fleischkonsum in unserer heutigen, kapitalistischen Gesellschaft nur theoretisch besiegt werden. Denn wenn ein geringerer Bedarf an Futtermitteln besteht, wird einfach weniger produziert. Dies geschieht unabhängig davon, ob in anderen Teilen der Welt Menschen verhungern oder nicht, denn nur wer zahlen kann, darf auch essen. Die Zielsetzung der Produzenten ist nicht den Nutzen der Produktion zu maximieren, also möglichst viele Menschen zu ernähren, sondern einen möglichst hohen Profit zu erwirtschaften. Und da Fleisch in der Regel rentabler als vegetarische Lebensmittel ist, wird besonders viel davon produziert, ungeachtet der ökologischen Auswirkungen.
Wird die Überproduktion beendet und unsere Ressourcen sparsam eingesetzt, kann dadurch viel Arbeit und Zeit für Rohstoffbeschaffung, Produktion und Transport eingespart werden. Die dezentrale Fertigung spart zusätzlich Transportaufwand, sofern die Waren lokal verbraucht werden. Außerdem werden durch die Steigerung der Herstellungsqualität auch Produktionsstätten überflüssig. Niemand ist mehr von der Arbeit selbst abhängig (als Broterwerb) sondern lediglich von den Erzeugnissen der Produktion aller Mitglieder der Kommune. Die notwendige Arbeitsleistung, die für die Deckung des kommunalen Bedarfs nötig ist, kann also eindeutig berechnet werden. Von manchen Waren werden bestimmte Überschüsse produziert, um damit auch andere Kommunen zu versorgen und von diesen im Gegenzug auch etwas zu erhalten (Waren oder Dienstleistungen). Der Verzicht auf das Prinzip der Lohnarbeit ermöglicht uns, die Fähigkeiten und die Arbeitsleistung jedes Menschen zu nutzen anstatt nur einige wenige Menschen überhaupt arbeiten zu lassen und die übrigen Arbeiter als Arbeitslose zum Nichtstun zu verdammen. Die wenigsten arbeitsfähigen Menschen entziehen sich einer Betätigung aus Faulheit. Vielen wird aufgrund mangelhafter Ausbildung oder einer späten Entlassung überhaupt keine andere Perspektive geboten. Und selbst die Menschen, die kein Interesse an einem Arbeitsplatz haben und trotzdem durch die staatliche Wohlfahrt versorgt werden, sind eher unbedeutende Parasiten. Die größten Schmarotzer sind häufig jene, die missverständlich als Leistungsträger der Gesellschaft bezeichnet werden, da sie als erfolgreiche Geschäftsführer von der Arbeit von hunderten Untergebenen profitieren. Der technische Fortschritt kann unserer heutigen Wirtschaft sehr schaden, allein indem er uns die Arbeit erleichtert. Denn sobald Arbeitsplätze überflüssig werden, verlieren Menschen ihre Arbeit und damit eine Rechtfertigung für ihren Verdienst. Der kommunistische Anarchismus ist bislang die einzige Gesellschaftsordnung, die von einem Rückgang der notwendigen Arbeit profitiert. Durch den großflächigen Einsatz der Automatisierung können außerdem potenziell gefährliche Arbeiten von Maschinen anstatt von Menschen ausgeführt werden.
Die Verteilung der Gütern im Anarchokommunismus orientiert sich an der bekannten Maxime “jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.” aus der marxschen Kritik des Gothaer Programms und sieht daher keine Einschränkung des persönlichen Verbrauchs ein. Jeder soll also die Kommune mit seinen individuellen Fähigkeiten unterstützen und erhält dafür alle Güter, die er benötigt. In der Praxis muss allerdings unter Umständen (wie zum Beispiel bei einer Knappheit eines bestimmten Gutes oder einem Mangel an Dienstleistern) auf eine gemeinschaftlich beschlossene Rationierung zurückgegriffen werden. Das Ziel sollte hierbei sein, jenen Menschen die Ware oder die Leistung zukommen zu lassen, die sie am dringendsten benötigen. Wenn einige Menschen die Warenverteilung als ungerecht empfinden, können sie Alternativen vorschlagen oder die Zusammenarbeit mit der Kommune einstellen.
Wie im Kapitel über verbreitete Missverständnisse die eigentliche Bedeutung des Privateigentums erklärt wurde, sollen hier die Eigenschaften des persönlichen Besitzes definiert werden. In einer Gesellschaft, die mithilfe ihrer fortschrittlichen Produktionsmechanismen im Überfluss lebt, ist es nicht nötig, den Besitz eines Menschen zu regulieren. Es ist unerheblich, ob jemand über zwei oder ein Fahrzeug verfügt, solange der Bedarf insgesamt gedeckt ist oder gedeckt werden kann. Niemand will den Menschen die Objekte des persönlichen Konsums oder Gebrauchs entreißen, um sie anderen auszuhändigen. Die einzige Form des Besitzes, der einer solchen Regulierung bedarf, sind die oben genannten Produktionsmittel, die als Basis für die Schaffung von Werten dienen. Die unmittelbar selbst hergestellten Produkte (beziehungsweise der eigene Anteil an der gemeinschaftlichen Produktion) aber müssen in den persönlichen Besitz übergehen. Denn dieser Besitz bildet die Grundlage der Kooperation in der Kommune. Der Mensch hat die Wahl, seine selbst produzierten Waren zu behalten oder sie im Rahmen einer Kommune den anderen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen, im Austausch für ihre Leistungen und Gütern. Trotzdem behält er seine Unabhängigkeit, denn es steht jedem Menschen frei, die Kommune zu verlassen und sich einer anderen Gemeinschaft anzuschließen. Ebenso verhält es sich mit Gemeinschaften, die am Arbeitsplatz existieren oder sich im Rahmen von Freizeitaktivitäten bilden. Letztere Vereine beschreibt Pjotr Kropotkin sehr treffend in seinem Buch Die Eroberung des Brotes: “Wer sich einen Flügel wünscht, wird der Assoziation der Musikinstrumentenbauer beitreten. Und widmet er ihr einen Teil seiner halbtägigen Mußezeit, wird er bald das erträumte Klavier besitzen. Begeistert sich einer für astronomische Studien, wird er sich der Astronomenassoziation anschließen […] Kurz: die 5-7 Stunden pro Tag, die jeder zur Verfügung hat, nachdem er einige Stunden der Produktion des Notwendigen gewidmet hat, werden vollauf genügen, die so unendlich verschiedenartigen Luxusbedürfnisse zu befriedigen.” (*18) Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, sollten der persönliche Besitz also nicht beschränkt oder umverteilt werden. Anders verhält es sich in Notzeiten, in denen die Kommunen die Versorgung ihrer Mitglieder streng organisieren müssen. Doch auch hier muss sich die eventuell ungleiche Verteilung der Waren (mit einer Bevorzugung der Bedürftigen) auf einen gemeinsamen Beschluss der Mitglieder stützen und kann nicht einfach festgelegt werden.
Die Freiheit ist in jeder Form des Anarchismus einer der zentralen Aspekte und ein unverzichtbares Menschenrecht. Einerseits ist sie eine Stütze der Gesellschaft und andererseits eines ihrer wertvollsten Güter. Wir leben heute in einer Welt, in der unsere Freiheit in unterschiedlichem Maße eingeschränkt ist, dies ist abhängig von dem Ort und der sozialen Lage, in der wir hineingeboren werden. Dies ist weder gerecht noch notwendig, dennoch zeichnet sich keine fundamentale Änderung in dieser Situation ab. Die ersten notwendigen Schritte für eine nachhaltige Veränderung sind: den Menschen als vollkommen individuell zu betrachten, den persönlichen Willen anzuerkennen und sich gemeinsam gegen jede Form der aufgezwungenen Autorität zu widersetzen. Denn das Problem ist nicht, dass manche Menschen über das Schicksal anderer bestimmen wollen, sondern dass es zu viele Menschen gibt, die das zulassen.
Eine freie Gesellschaft setzt notwendigerweise die umfangreiche Freiheit des Individuums voraus. Allerdings ist es schwieriger, die notwendigen und legitimen Grenzen festzulegen. Denn die Interessen des Einzelnen können unter Umständen mit denen der Gemeinschaft kollidieren. Absolute Freiheit können immer nur Einzelne besitzen, da diese auch Möglichkeiten beinhaltet, die die Freiheit anderer Menschen verletzen können. Dies gilt es natürlich zu verhindern, aber gleichzeitig muss auch das Individuum vor dem uneingeschränkten Zugriff der Gemeinschaft geschützt werden. In kapitalistischen Gesellschaften steht in der Regel der Einzelne im Vordergrund. Besitzt man genügend Geld (bzw. andere Formen des Kapitals) öffnen sich viele Türen, die einem armen Menschen verschlossen bleiben. Die Zusammenhänge zwischen Geld, Macht und persönliche Freiheit wurde vorher bereits erläutert. Der Kapitalismus macht eine freie Gesellschaft unmöglich, denn er nimmt ihr die Basis, indem er die Ungleichheit unter den Menschen fördert. Noch mehr als durch ihre Nationalität oder Kultur sind Menschen durch ihre Klasse und ihrem Vermögen voneinander getrennt. Diese Entfremdung macht uns blind für das elende Leben anderer und so fixiert auf unser eigenes, welches in vielen Fällen nicht elend, jedoch von fremden Werten bestimmt ist. Die uns gebotene Freiheit ist zu einem großen Teil eine Illusion, wir werden ebenso manipuliert und als Instrumente benutzt wie die Arbeiter in ärmeren Ländern, die viele unserer Waren produzieren. Wenn sie nicht von ihrer Unterdrückung befreit werden können, wenn wir weiterhin das System unterstützen, welches sie ausbeutet, können auch wir nicht befreit werden. Wir halten mit vielen unseren Handlungen (zum Teil unbewusst) diese Form der Gesellschaftsordnung aufrecht, und können noch dazu als Einzelne kaum etwas dagegen unternehmen. Erst der Zusammenschluss und die Bereitschaft, über nebensächliche Meinungsverschiedenheiten hinwegzusehen, machen eine Bewegung stark und erleichtern den Blick auf das Wesentliche: die Befreiung der Menschen von Markt und Staat.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich (auch nach einer langer Zeit des friedlichen Zusammenlebens) eine Einzelperson oder Gruppe ein Vorrecht oder einen Herrschaftsanspruch gegenüber anderen anmaßt. Dies zu verhindern ist die Aufgabe aller Menschen, die an ihrer eigenen Freiheit und der Freiheit ihrer Mitmenschen interessiert sind. Eine Revolution kann nicht stattfinden und dann vergessen werden. Sie muss permanent gegen immer neue Aggressoren aufrecht erhalten werden, wann immer es nötig ist. Echte Freiheit, fernab aller festen Regeln und Gesetzen, ist in Wahrheit ein empfindliches Gleichgewicht. Der durchaus erwünschte Zusammenschluss Gleichgesinnter zu Interessengruppen gefährdet durch die Assoziation mit anderen die eigene Objektivität. Denn selbst einem persönlichen oder gemeinsamen Feind muss man die universellen Rechte zugestehen, auf der die Gesellschaft basiert. Tut man dies nicht, klassifiziert man die Menschen nach den eigenen Ansichten und urteilt über sie, indem man ihnen Rechte entzieht oder Strafen auferlegt. Dies ist der Beginn einer neuen autoritären Denkweise, welcher schon die Oktoberrevolution zum Opfer viel, als die Bolschewisten die Macht im neuen Staat für sich beanspruchten und alternative politische Gruppen verfolgten und für ihre abweichenden Auffassungen bestraften. Dies unterstreicht das große Maß an individueller Verantwortlichkeit, Gerechtigkeitsempfinden und Urteilsvermögen, welches für ein zivilisiertes Zusammenleben unter gleichberechtigten Menschen notwendig ist. Selbstverständlich kann noch immer Verantwortung abgegeben werden, denn niemand hat ein so umfassendes Wissen, dass er für jede offene Frage eine qualifizierte Antwort findet. Auch in einer Gesellschaft ohne Staat können Vertreter der eigenen Ansichten gewählt werden. Die absolute Voraussetzung ist allerdings, dass sich diese Vertreter exakt an den vorher vereinbarten Auftrag halten müssen und bei Bedarf sofort und ohne Widerrede von ihrer Position entfernt werden können. Sie sind lediglich Sprecher und engagieren sich im Namen derer, die ihnen vertrauen. Wenn sich also ihre Unterstützer übergangen fühlen, wird der Vertreter abgesetzt und ein neuer berufen. Oder Bürger entschließt sich, selbst an der Versammlung teilzunehmen, sofern die Größe der Veranstaltung den Einsatz von Vertretern nicht unverzichtbar macht.
Grundsätzlich gilt: Wer frei sein will, muss notwendigerweise die Freiheit aller anderen akzeptieren und aktiv unterstützen, oder er wird diesen Zustand niemals erreichen. Wenn die Menschen neben ihrer eigenen nicht auch die Rechte anderer verteidigen, wird eine freie Gesellschaft nicht funktionieren.
Wenn alle Instanzen der moralischen und sozialen Bevormundung beseitigt sind, bleibt lediglich das Individuum, um das Denken und die Handlungen von sich selbst und anderen einzuschätzen. Keine Autorität kann dem menschlichen Leben Sinn und Inhalt geben, sondern nur das Individuum selbst und ausschließlich für sich. Der Mensch handelt selbstverantwortlich und hat die Konsequenzen für sein Handeln selbst zu tragen, und zwar im guten wie im schlechten Sinne. Erst das macht wirkliche Freiheit aus. Denn wann immer jemand ein Monopol auf die Wahrheit oder dem moralisch “Guten” besitzt, wird es zum Missbrauch dieser Macht kommen. Jeder, der sich außerhalb dieser Norm befindet, hat entweder unter negativen Konsequenzen zu leiden (Verachtung durch andere, Verlust von Rechten) oder er wird gezwungenermaßen angepasst. Diese festgelegten Maßstäbe können grundsätzlich alles beinhalten, wie die politische und religiöse Meinung oder sogar Hautfarbe und Herkunft. Aus diesem Grund darf es keine verbindlichen Normen und Gesetze geben. Die Abweichungen von allgemein akzeptierten Werten (wie die Ablehnung von Mord) soll unmittelbar durch die Mitglieder der Gesellschaft vergolten werden, ohne dass sie jedoch selbst zu Verbrechern werden. Denn auch die Reaktion auf Straftaten durch Opfer oder unbeteiligte Dritte ist Gegenstand der gesellschaftlichen Diskussion. Es ist bekannt, dass ein Racheakt (darunter zählt auch der Freiheitsentzug) das Verbrechen nicht ungeschehen macht oder die Opfer entschädigt. Darum sind passive Strafen für den Täter, wie die besagte Verbannung aus der Gesellschaft bei schweren oder wiederholten Verletzungen der Rechte anderer die beste Lösung. Jede aktive Bestrafung als Konsequenz einer Regelverletzung wie die Inhaftierung, die Prügel- und im Extremfall Todesstrafe ist jedoch ein autoritärer Akt und darf nicht angewandt werden. Darunter zählt natürlich nicht das Recht auf persönliche Verteidigung, die eine Gewaltanwendung gegen Angreifer während einer Straftat legitimiert. Die empfohlenen Basisregeln, auf denen die anarchistische Gesellschaft beruht sind also sehr einfach und allgemein anwendbar. Alle darüber hinausgehenden Regelwerke sind flexibel und gründen sich immer auf die einzelnen Gemeinschaften von freien Menschen. Wenn eine bestimmte Tat gesellschaftlich nicht als Verbrechen betrachtet wird, dann wird sie auch nicht von den Mitgliedern dieser Gruppe bestraft. Ganz anders verhält es sich mit den autoritären Gesetzen unsere Staates. Hier werden von einer kleinen Gruppen von Menschen Vorschriften erlassen, die nach einer Abstimmung eine allgemeine Gültigkeit erhalten, auch wenn sie eventuell von großen Teilen der Bevölkerung als unnötig oder falsch betrachtet werden. Da wir als gesetzestreue Staatsbürger erzogen werden, haben wir eine innere Hemmschwelle, gegen sie zu verstoßen. Wir müssen jedoch erkennen, dass diese Gesetze nur auf der Basis von einem bestimmten Standpunkt erlassen wurden und darum ist ihre Berechtigung anzuzweifeln.
Betrachtet jeder seine realen Handlungsmöglichkeiten, wird schnell klar, dass sehr vieles davon direkte Auswirkungen auf die eigenen Mitmenschen hat, sowohl positive als auch negative. Schon aus diesem Grund werden Entscheidungen bedächtiger gefällt. Man weiß ja, dass Betrug oder bewusste Benachteiligung mit gleicher Münze heimgezahlt werden kann. Die Gefahr, dass diese offene Situation zur Gesetzlosigkeit eskaliert, existiert, doch wären diese Unruhen nicht von langer Dauer (vorausgesetzt, niemand erhält erneut Gewalt über andere und die Mehrzahl der Bevölkerung tritt für die Grundsätze der Freiheit ein). Schnell werden sich die an einer gesellschaftlichen Ordnung interessierten Menschen zusammenschließen, eine Selbstorganisation errichten und sich gemeinsam gegen Angreifer zur Wehr setzen. Wichtig ist hierbei, dass keine gesetzliche oder moralische Autorität eingreift, eine Gruppe unterstützt und eine andere bekämpft. Wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, dann muss jeder Mensch selbst entscheiden auf welcher Seite er steht. Es darf keine “offizielle” Meinung geben, denn sie zerstört die Objektivität, indem sie aus der Vielzahl der unterschiedlichen Standpunkte einen auswählt und zur Wahrheit erhebt.
Nur wenige Eigenschaften des Menschen sind für seine Entwicklung so maßgeblich wie der Wille zur ständigen Verbesserung seiner Lebensumstände. Denn anders als die Natur, die durch zufällige Veränderung und nach dem Prinzip des Überlebens des am besten Angepassten einen permanenten – aber langsamen – Fortschritt schafft, hat der Mensch die Fähigkeit, durch zielgerichtete Handlungen seine Umwelt zu verändern. Nicht immer können diese Veränderungen auch als eine Verbesserung betrachtet werden, doch können aus Fehlentwicklungen auch Lehren gezogen werden. Die bessere Technologie machte in der Geschichte häufig den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg einer Zivilisation aus und die fortschrittlichsten Völker konnten expandieren und ihr Wissen auch in fremden Ländern verbreiten. Die strikte Organisation und moderne Technik des Römischen Reiches hat es zu einer Weltmacht aufsteigen lassen, deren Nachwirkungen noch heute sichtbar sind. Technische Entwicklungen verbesserten in vielen Fällen besonders die Produktion von Waren und damit die Lebensqualität der Menschen. Doch wir sind an einem Punkt angekommen, an dem der Fortschritt unsere gesellschaftlichen Strukturen in Frage stellt. Es dauert in der Regel nicht lange, bis Überflüssiges verschwindet. Die Frage ist also, wann dieser Zeitpunkt kommen wird.
In früheren Zeiten gab es nur den Menschen selbst, der die chemische Energie seiner Nahrung in Arbeit umwandeln konnte. Zwar wurden auch früh Windmühlen und Wasserräder genutzt, doch ihre Leistungsfähigkeit war stark begrenzt. Dieser Zustand änderte sich, als neue Arten von Energieumwandlern entwickelt wurden. Das herausragende Beispiel hierfür wäre die Dampfmaschine. Mit ihr wurde es möglich, Maschinen zur Herstellung von Waren nicht mit Wind-, Wasser- oder Menschenkraft, sondern mit anderen Energiequellen wie Holz oder Kohle zu betreiben. Dies bedeutete einen zukunftsweisenden Fortschritt und legte den Grundstein für die Industrialisierung. Doch diese stürzte viele Menschen in größtes Elend. In der Zeit der industriellen Revolution wurden Maschinen eingeführt, die Waren besser und schneller als jeder Handarbeiter herstellen konnten. Mit dem mechanischen Webstuhl konnte der unabhängige Weber nicht mithalten, der Preis für seine Ware viel ins Bodenlose. Das passierte, weil in der gleichen Zeit nun viel mehr Textilien hergestellt werden konnten und der Markt mit dieser Ware überschwemmt wurde. Allerdings stieg die Nachfrage nicht im gleichen Maße. Der Weber konnte nicht mehr von seiner Arbeit leben und musste eine andere Broterwerb finden. Letztendlich blieb ihm nur, wie vielen seiner Leidensgenossen auch, in der Fabrik sein Geld zu verdienen. Dort übte er nicht mehr sein Handwerk aus, sondern war vielmehr dazu da, um die Maschinen am Laufen zu halten. Diese Art der Arbeit benötigte jedoch keine besondere Ausbildung, sie konnte also von jedem Menschen ausgeführt werden. Das bedeutet einen Wertverfall der Arbeitsleistung, da plötzlich hunderte von Arbeitern für die gleiche Arbeitsstelle geeignet waren, anstelle von wenigen Fachkräften. Die Menschen verdienten weniger und darum musste die ganze Familie und sogar die Kinder in der Fabrik arbeiten. Der Fabrikbesitzer konnte diesen Umstand zusätzlich ausnutzen, indem er seinen Arbeitern eine große Anzahl an Überstunden abverlangte. Sollten sie sich weigern, konnte er seine Arbeiter einfach entlassen. Viele Menschen, die vorher überhaupt keine Arbeit hatten, nahmen gern ihren Platz ein. Somit zahlte der Kapitalist lediglich den Betrag, der zum Überleben gerade so genügt. Wurde ein Arbeiter krank oder arbeitsunfähig, konnte er leicht ersetzt werden. Der Mensch verkam zu einen Teil der Maschinerie.
Doch obwohl vor allem in der Anfangszeit der Industrialisierung so viele Menschen unter der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft leiden mussten, waren die nun möglichen Produktionskapazitäten beispiellos. Niemand hätte zu jener Zeit in solchem Elend wie die damaligen Lohnarbeiter leben müssen, wenn jeder Mensch gleichermaßen vom Segen des technischen Fortschritts profitiert hätte. Stattdessen aber konnten sich die wenigen Fabrikanten enorm bereichern und ein luxuriöses Leben auf Kosten der lohnabhängigen Proletarier führen. Doch der Fortschritt hat nicht nur im materiellen Sinne einen hohen Stellenwert. Die großen Denker unserer Welt erweitern nicht nur ihr eigenes Wissen, sondern vergrößern den kollektiven Wissensschatz der gesamten Menschheit. Ihnen sind Prozesse wie die Aufklärung zu verdanken, die die Weltanschauung der Menschen dauerhaft veränderten. Sie begannen die bestehenden Verhältnisse in Frage zu stellen und nahmen diese nicht mehr stillschweigend hin, da sie wussten, dass es anders sein konnte. Medienrevolutionen wie der Buchdruck und später die allgemeine Verbreitung des Internets bildeten die Grundlage für unsere heutige Informationsgesellschaft und ermöglichten weitere Entdeckungen, da nun noch mehr Menschen Wissen zur Verfügung stand. Doch dadurch wurde der Fortschritt mit der Zeit auch immer schneller. Spätestens im digitalen Zeitalter hat er eine Geschwindigkeit erreicht, die von Menschen nur schwer zu begreifen ist. Tatsächlich hat die ständige Veränderung den Menschen selbst überholt und wir können kaum mehr Schritt halten. Unsere gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse behindern die Entwicklung und Potenzial liegt brach. Ein Potenzial, welches uns helfen könnte, viele unserer heutigen Probleme wie Hungersnöte und die Gefahr durch Krankheiten zu lösen. Wir müssen in der nahen Zukunft den nächsten Schritt auf diesem Weg nach vorn gehen und das Wissen befreien. Denn obwohl unsere Gesellschaft über ein enormes Wissen verfügt, kann nicht jeder Mensch frei darüber verfügen und deshalb auch nicht davon profitieren.
Grundsätzlich kann man also feststellen, dass der Fortschritt den Menschen von Anfang an begleitete und von zentraler Wichtigkeit für sein Leben und seine Entwicklung ist. Heute ist der Fortschritt nicht mehr frei, sondern wird im Interesse der wenigen Reichen und Mächtigen manipuliert. Bedenkt man allerdings die Möglichkeiten, die uns aufgrund dessen verborgen bleiben, kann dies nicht akzeptiert werden. Der technische Fortschritt erlaubt uns, mit immer geringerem Aufwand von Zeit, Ressourcen und Arbeitskraft immer mehr Waren zu produzieren und die Menschen damit zu versorgen. Heutzutage leidet unsere Gesellschaft mehr unter dem Fortschritt als sie davon profitiert. Immer weniger Arbeitsplätze erschweren es den Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Lösung bestünde darin, zu einer kommunistisch-anarchistischen Gesellschaftsform überzugehen, denn damit entfällt die Notwendigkeit, den eigenen Verdienst (bzw. die Versorgung durch andere) anhand von einer festgelegten Anzahl von Arbeitsstunden zu rechtfertigen. Wenn eine Erfindung die Produktion erleichtert, kommt dies allen zu Gute, da sie nun weniger arbeiten müssen, um ihren Bedarf zu decken. Es ist eine Überlebenstaktik des Kapitalismus, auf Gedeih und Verderb immer neue Verdienstmöglichkeiten zu suchen, sodass mehr Menschen beschäftigt und somit zum Konsum befähigt werden können. So geschah es auch bei der schwindenden Bedeutung des industriellen Sektors. Statt dessen wurde der wirtschaftliche Fokus auf den Dienstleistungssektor verlegt, in dem plötzlich unzählige neue Berufe entstanden. Diese Maßnahmen zögern die historische Entwicklung jedoch nur heraus. Am Ende dieses Prozesses steht eine Gesellschaft, die sich hauptsächlich durch die Arbeit von Maschinen versorgen wird. Hoch entwickelte Technik wird von manchen Menschen als unnatürlich betrachtet und steht oft als umweltverschmutzender und destruktiv wahrgenommener Gegenpol dem idealisierten Bild der “unberührten” Natur gegenüber. Diese Ansicht ist trotz ihrer allgemeinen Verbreitung nur schwer zu rechtfertigen. Zum einen ist die Natur nicht das, was wir aus ihr machen: In der natürlichen Ordnung gibt es keine Kultur und Zivilisation, ihre ungeschriebenen Gesetze können, aus menschlicher Perspektive betrachtet, grausam und ungerecht erscheinen und führen zu einem permanenten Überlebenskampf. Anderseits sind wir selbst Wesen, die aus einer natürlichen Entwicklung hervorgegangen sind. Somit ist alles, wozu wir fähig sind und jemals fähig sein werden, ein Produkt der Natur. Schließlich wird es niemand als unnatürlich betrachten, wenn beispielsweise ein Seeotter Schalentiere mithilfe von Steinen aufbricht. Auch dies ist nichts weiter als die Benutzung von Werkzeugen, die in der Natur beobachtet werden kann. Es sind einige Fälle dokumentiert, in denen zum Beispiel Affen, Nagetiere oder sogar Insekten zu verschiedenen Hilfsmitteln griffen. (*19) Der Mensch nutzt sein Wissen und seine Fähigkeiten um die in der Natur vorhandenen Rohstoffe zu unendlich komplexeren Geräten zu verarbeiten. Wir nutzen die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen im Rahmen der gegenwärtigen technischen Möglichkeiten.
Schon in den 1920er Jahren bildete sich die Technokratische Bewegung in den Vereinigten Staaten, deren Mitglieder Wissenschaftler und Ingenieure an Stelle von Politikern an die Staatsspitze stellen wollten. Die Marktwirtschaft und das Geldsystem sollten durch Planwirtschaft und so genannte Energiezertifikate (Energy Distribution Card) als Zahlungsmittel ersetzt werden. (*20) Es war vorgesehen, dass für jedes Produkt nur der Energieaufwand bezahlt werden soll, der für die Produktion oder Beschaffung des Produktes nötig war. Dies hätte ständig wechselnden Marktpreisen vorgebeugt. Die Technokratische Bewegung repräsentierte bereits zu diesem Zeitpunkt viele Ideale einer kommunistischen Gesellschaft, wie beispielsweise die Abschaffung des Preissystems. Die Technokraten erkannten, dass die technischen Möglichkeiten der Maschinen und verfügbaren Materialien ihrer Zeit nicht voll ausgeschöpft wurden. Wo eine Hand voll Fabriken rechnerisch ausgereicht hätte, um das ganze Land mit einem bestimmten Produkt zu versorgen, wurden dagegen unzählige Produktionsstätten mit geringem Ausstoß betrieben. (*21) Vom fragwürdigen Zweck einer solchen zentralisierten Produktion, vor allem in Hinblick auf den Transportaufwand und der mangelnden Unabhängigkeit der Regionen, soll einmal abgesehen werden. Der Grund für das oben genannte Handeln ist ein chronischer Mangel an Arbeitsplätzen, der sich aus der Schließung aller überflüssigen Fabriken ergeben hätte. Damit kann der Staat nicht umgehen, da es einfach zu wenig Arbeit gibt, die noch von Menschen getan wird. Und diese Arbeit ist nötig, um den Verdienst des Arbeiters zu rechtfertigen und ihn wieder mit Kaufkraft auszustatten. Und zukünftig werden es stetig noch weniger Arbeitsplätze, da der Fortschritt weiter reichende Automatisierung der Arbeitsprozesse ermöglicht und somit noch mehr Arbeiten überflüssig macht. Der Arbeitsmarkt reagiert selbstverständlich auf diese Entwicklung. Die mangelhafte Lösung des Problems ist einerseits eine fortschreitende Aufsplitterung der Berufe, welche jedem arbeitenden Menschen ein immer kleiner werdendes, spezialisiertes Wissensfeld zugesteht, andererseits die vorher erwähnte Verschiebung des Arbeitsmarktes von produzierenden Tätigkeiten zum Dienstleistungssektor. Gängige Praxis ist auch die Erfindung vollkommen neuer Berufe. Dies sind bestenfalls Notlösungen, die den Gesamtprozess keinesfalls aufhalten können. Wenn unsere technischen Möglichkeiten voll ausgenutzt werden, dann wird es in Zukunft definitiv zu wenig Arbeit geben, um sie allein als Begründung für das Einkommen eines Menschen zu nutzen. Mehr noch: Denn tatsächlich ist eine technisch bedingte Steigerung der Produktivität schädlich für viele Teilnehmer der Marktwirtschaft. Bei einer maschinellen Herstellung von Textilien durch einen mechanischen Webstuhl ist genau dies der Fall. Was zuvor Weber in aufwendiger Handarbeit produzierten, kann eine Maschine nun schneller und besser erzeugen. Geht man davon aus, dass im Zuge der Industrialisierung neben den vielen Webern nun auch einige Fabriken Stoffe produzierten, dann bedeutet das auch, dass die durchschnittlich notwendige Arbeitszeit für diese Ware gesunken ist. An der Dauer dieser Arbeitszeit orientiert sich der Tauschwert, also der Wert, den die Ware am Markt erzielt. Wenn sich die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für die Herstellung eines Produktes drastisch verringert (wie in diesem Fall durch die Einführung einer neuen Maschine), hat dies Konsequenzen auf den Marktpreis. Plötzlich ist es viel einfacher geworden, das Gut zu produzieren und dadurch verringert sich dessen Knappheit auf dem Markt, da in der gleichen Zeit mehr Produkte hergestellt und verkauft werden können. Trotzdem kostet das für die Herstellung benötigte Rohmaterial, also das Garn, noch immer so viel wie vor der Einführung der Maschine. (*22) Auch die tägliche Arbeitszeit der Fabrikarbeiter in einem kapitalistisch geführten Betrieb wird durch eine gesteigerte Produktivität keineswegs verringert. Die Arbeit wird zwar unter Umständen leichter, allerdings ist dies nur ein Nebeneffekt gesteigerten Produktionsleistung. Nur der Kapitalist selbst profitiert auf diese Weise vom technischen Fortschritt. (*23)
Unter dieser Situation müssen all jene leiden, die keine Maschinen besitzen und noch nach der althergebrachten Methode arbeiten müssen. In diesem Beispiel sind das also die selbstständigen Weber. Der einzige Gewinner ist der Fabrikant, der trotzt des Wertverlustes der Textilien noch immer viel Geld an seiner Fabrik verdient. Die Weber hingegen sind ihrer Lebensgrundlage beraubt und können nicht mehr länger ihrem freien Handwerk nachgehen. Anstatt selbst als Produzent von Ware auf dem Markt aufzutreten, müssen sie nun ihre eigene Arbeitskraft verkaufen. Nicht umsonst gab es in der Anfangszeit der Industrialisierung noch viele Menschen, die gegen die Automatisierung der Produktion rebellierten. Diese Menschen wurden Maschinenstürmer genannt, eine bedeutende Gruppe dieser Bewegung waren die Ludditen. Sie setzten Gewalt als letztes Mittel gegen die Maschinen ein, die sie in den finanziellen Ruin trieben und ermordeten in einigen Fällen sogar deren Erfinder. (*24) Die Marktwirtschaft und der Kapitalismus sind der Grund für diese Entwicklung und sie sind auch dafür verantwortlich, dass die Arbeit des Menschen zu einer Ware verkam. Nicht die Maschine machte die Menschen arbeitslos und verlängerte die Arbeitszeit der verbliebenen Arbeiter, sondern der Fabrikant. Alle negativen Auswirkungen der Industrialisierung sind der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie zuzuschreiben und nicht den Maschinen selbst. Daher ist es auch der Kapitalismus, der für eine Befreiung der maschinellen Produktion abgeschafft werden muss. (*25) Die Maschinenstürmer hätten weit besser daran getan, die Ursache ihres Elends und nicht die Werkzeuge ihrer Ausbeutung zu vernichten. Die Einstellung der Bevölkerung zum technologischen Fortschritt wäre mit Sicherheit eine andere gewesen, wenn die Vorteile der gesamten Gesellschaft anstatt nur einer kleinen Gruppe von Menschen zu Gute gekommen wären.
Es ist nicht das Ziel, Technik immer komplizierter und aufwendiger werden zu lassen. In vielen Bereichen leisten sehr simple Maschinen und Werkzeuge bessere Dienste als ihre hochentwickelten Versionen. Steht man zum Beispiel vor der Wahl, ein kleines Bauerndorf an einem verhältnismäßig rückständigen Ort der Erde entweder mit einem Traktor oder einigen hundert Sensen, Pflügen und anderen Werkzeugen zu unterstützen, sollte man sich genau über die Konsequenzen beider Optionen im Klaren sein. Der Traktor mag die Arbeit sehr erleichtern, jedoch benötigt er Kraftstoff, Öl und Ersatzteile. Fehlen diese zum Betrieb notwendigen Güter, wird der an sich wertvolle Traktor zu einem wertlosen Haufen Abfall. Die Bauern müssen in die komplizierte Handhabung eingewiesen werden, was ebenfalls Zeit und Mühe kostet. Gibt man ihnen statt dessen die Handwerkzeuge und weist sie in die Bedienung jedes einzelnen ein, ist der ursprüngliche Zweck womöglich wesentlich besser erfüllt. Nun können viel mehr Menschen an der Hilfe teilhaben und ihre Nahrungsmittel aus eigener Kraft produzieren. Unser technisches Wissen ermöglicht uns, viele gefährliche und monotone Arbeiten von Maschinen erledigen zu lassen, darum sollten wir von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch machen.
Die Anhänger der technokratischen Bewegung erkannten schon früh das große technologische Potenzial, dessen Realisierung noch heute von den Beschränkungen des staatlich organisierten Kapitalismus verhindert wird. Was sie jedoch entweder übersahen oder aber billigend in Kauf nahmen, ist das Machtmonopol auf der Seite der Techniker. Ein Staat, durch eine Technokratie beherrscht, wäre eventuell die fortschrittlichste Zivilisation auf der Erde, aber die eigentliche Lebensqualität der Menschen muss deshalb nicht besonders hoch sein. Wenn die Techniker und Experten allein und ohne jede Regulierung entscheiden können, kann dies zu allen möglichen Arten von negativen Konsequenzen führen. Es wäre wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis diese Fachleute eine herrschende Klasse bilden und den Staat autokratisch regieren. Dies ist jedoch mit allen Mitteln zu verhindern, wenn man die bisherigen Ergebnisse von Diktaturen betrachtet. In einem solchen Staat kann es – selbst bei möglicherweise guten Absichten – sehr leicht zur Entfremdung gegenüber den Menschen und zu einem Kontrollverlust führen, der schwerwiegende Folgen für das Volk dieses Staates haben könnte. Wie auch die Technologie selbst wäre ein solcher Staat ein mächtiges Werkzeug. Es ist wichtig zu erkennen, dass die Fähigkeit, Problemlösungen zu entwickeln, nicht mit einer Fähigkeit zum Treffen von Entscheidungen für die Allgemeinheit gleichgesetzt werden darf.
Die Verbreitung von Wissen und Bildung war in früherer Zeit stark limitiert, vor dem Buchdruck mussten Bücher manuell vervielfältigt werden, und nur wenige Menschen konnten lesen, schreiben und rechnen. Darum war es nur einer kleinen Minderheit vorbehalten, zu lernen und sich eine höhere Bildung anzueignen. Die heutige Situation ist jedoch eine völlig andere. Durch Computer und das Internet können Informationen zu äußerst geringen Kosten kopiert und verbreitet werden. Kein Mensch auf dieser Welt müsste auf dieses gesammelte Wissen verzichten. Dennoch wird uns der Zugang zu diesem Wissen und sonstigen uneingeschränkt kopierbaren Daten verweigert und deren eigenständige Beschaffung wird als Diebstahl bezeichnet. Eine Weitergabe, mit Ausnahme des fehlenden Profits der Anbieter, ruft allerdings keinerlei Schaden hervor. Es handelt sich auch nicht um Diebstahl, da das Original nach der Anfertigung einer Kopie noch immer in seiner ursprünglichen Form vorhanden ist, wie beispielsweise im Falle eines Buches oder einer Datei. Außerdem ermöglicht der Verkauf von unbeschränkt kopierbaren Waren einen potenziell unendlichen Reichtum, da die Rechte deren Nutzung immer wieder neu veräußert werden können, ohne dass sie dem Besitzer abhanden kommen. Das ist all den Menschen gegenüber ungerecht, die physische Waren produzieren und Dienstleistungen anbieten, die nach ihrer Konsumtion aufgebraucht sind. Und dabei profitieren nicht unbedingt die eigentlichen Schöpfer des Produktes von den hohen Preisen. Natürlich werden sie an den Erlösen beteiligt, jedoch behalten die vielen Mittelsmänner und Zwischenhändler den größten Teil der Gewinne ein.
Es ist außerdem ein Trugschluss, dass Werke wie Filme, Bücher und Bilder oder Erfindungen und Techniken allein aus der schöpferischen Kraft eines einzelnen Menschen heraus entwickelt werden. Das Ergebnis jeder kreativer Arbeit basiert auf einer unendlichen Anzahl von Erfindungen und Werken, die bereits geschaffen wurden. Jeder Mensch kopiert Ideen, transformiert und kombiniert sie, um sie in einem neuen Kontext anzuwenden. Henry Ford war weder der Erfinder des Automobils, noch des Fließbandes und auch die Idee von untereinander austauschbaren Teilen stammte nicht von ihm. Dennoch war sein Ford Model T das erste in Massen hergestellte Auto der Welt. Hätte er nicht die vielen Erfindungen seiner Vorgänger nutzen und kombinieren können, wäre sein Erfolg unmöglich gewesen. (*26) Erfindungen und geistige Arbeit werden erst möglich, wenn wir von anderen kopieren. Die freie Aneignung von Ideen ist also keine Gefahr für jede Entwicklung, sondern ihre Grundlage. Darum müssen alle willkürlichen Beschränkungen von unbegrenzt kopierbaren Gütern abgeschafft werden. Anstatt jeden Menschen und jedes Kollektiv zu zwingen, ihre Forschung getrennt voneinander zu betreiben, wird stattdessen ein kollektiver Wissensschatz gesammelt. Dieser ist durch jeden Menschen frei zugänglich und kann beliebig genutzt werden, ohne dass jemandem der Zugang zu diesen Informationen verwehrt werden könnte. Dass dieses System den Fortschritt viel mehr fördert als ihn aufzuhalten, zeigen unzählige Open Source Projekte, bei denen Software jeder Person kostenlos zugänglich ist, und auch weiterentwickelt werden kann. Im Januar 2010 hatte das Open Source Programm OpenOffice einen Marktanteil von 21,5% und war somit das am zweithäufigsten benutze Office-Programm in Deutschland, gleich hinter dem führenden Produkt Microsoft Office mit 72% Marktanteil. (*27) Auch das vorliegende Buch wurde mit diesem Programm geschrieben. Am Beispiel von OpenOffice sieht man das große Potenzial, welches das quelloffene Lizenzmodell bietet. Der freie Austausch von Software würde außerdem die Bildung von gemeinsamen Standards, wie beispielsweise universell kompatible Dateiformate, begünstigen. Durch die große Anzahl an Schöpfern von Softwareprodukten ist dies ein notwendiger Schritt. Alle Menschen, die mit diesen Standards arbeiten, werden eine größere Nutzergruppe erreichen, als jene, die ein eigenes Format erarbeiten und damit andere Menschen eventuell von der Nutzung ausschließen. Letzteres verliert mit der Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftssystems ohnehin seinen Zweck. Die Abschaffung eines gesetzlichen Zahlungsmittels macht die Zahlung von Nutzungsgebühren (zum Beispiel für Software) unmöglich, weshalb die Schaffung dieser Güter als eine einmalige Dienstleistung betrachtet wird und das Ergebnis dieser Arbeit jedem Menschen zuteil wird. Versuche, die Verbreitung von einer für die öffentliche Verwendung bestimmten Datei zu unterbinden, wären sowohl sinnlos als auch unmöglich. Eine umfassende Nutzungsfreiheit von Wissen, Software und kulturellen Güten wie Musik und Ähnlichem ist die Basis einer gebildeten und aufgeklärten Gesellschaft und würde uns als eine Art Katalysator des Fortschritts dienen. Erfindungen, Ideen und künstlerische Inspiration bauen immer aufeinander auf. Wie weiter oben beschrieben, stehen allein die kapitalistischen Interessen der Verwertungsindustrien der Befreiung des Wissens im Wege. Die Freiheit des Wissens kann in einer anarchokommunistischen Gesellschaft selbstverständlich nicht durch Zwang durchgesetzt werden. Da aber keine wirtschaftliche Konkurrenz mehr existiert und die Weitergabe von Software und (der vormals durch Patente geschützten) Ideen keinerlei Schaden hervorruft, gibt es keinen Grund, dies zu unterbinden. Das bedeutet, dass die Informationsverbreitung vielleicht nicht unbedingt durch jeden Menschen aktiv vorangetrieben, andererseits aber auch nicht mit Gewalt verhindert wird.
Der Mensch ist an sich ein erstaunliches Lebewesen. Nicht nur, dass er sich im Laufe seiner Geschichte und entgegen aller Schwierigkeiten zu einem zivilisierten Geschöpf entwickelt hat, er lernt noch immer stetig dazu und verbessert seine Fähigkeiten und Möglichkeiten. Er hinterfragt sich selbst und andere, er sucht nach Wahrheit und Wissen, strebt nach Selbstverwirklichung und möchten seinen Platz in der Welt finden. Der ideale Mensch von heute hat sein animalisches Dasein hinter sich gelassen und strebt nach Höherem.
Andererseits ist es jedoch sehr gefährlich, menschliche Schwächen wie Gier, Neid und Eifersucht einzig und allein auf materielle Gründe zu reduzieren. Denn egal wie gut ein Mensch abgesichert und versorgt ist, es wird immer zu Verbrechen aus diesen Beweggründen kommen und auch werden wohl immer wieder Menschen vorsätzlich getötet werden. Auch durch die Einzigartigkeit des Menschen als Individuum, deren Abschaffung unmöglich und dazu noch inakzeptabel ist, wird es immer zu Neid und Missgunst aufgrund der besseren Fähigkeiten oder höherer Beliebtheit mancher Menschen kommen. Der Wille, uns materiellen Wohlstand zu verschaffen, begleitet uns schon seit der Vorzeit unserer Entwicklungsgeschichte. Damals wie auch heute noch war dieses Sammeln eine Bedingung für das Überleben. Solche grundlegenden Triebe können nicht in kürzester Zeit beseitigt werden. Man muss das gesellschaftliche System stattdessen so anlegen, dass es auf den Menschen in seiner wahren Form eingeht, mit all seinen Stärken und Schwächen. Dies darf jedoch nicht mit strenger Erziehung und Zwangsmaßnahmen erreicht werden, wie es in unserer heutigen Gesellschaft mit Polizei, Gerichten und Gefängnissen üblich ist. Jeder Mensch muss damit beginnen, für sich selbst zu denken und Verantwortung zu übernehmen in einer Welt, in der es keine definierten Normen und Maßregeln gibt. Die Entbindung von legalen und moralischen Autoritäten ist kein Rückschritt, sondern die unverzichtbare Bedingung für die geistige und moralische Weiterentwicklung des Menschen.
Heutzutage wird unsere Gesellschaft von gegenseitigem Neid angetrieben, jeder kämpft gegen jeden. Destruktives Verhalten wird dabei gefördert, da die Ziele allein auf Erfolg und Leistung ausgerichtet sind. Eine Schädigung der Konkurrenz wirkt sich in der Regel positiv auf das eigene Geschäft aus. Nur ein gemeinsamer Widersacher motiviert zu ungeahnter Kooperation. Leider dienen vor allem Kriege als Beispiele dieser Entwicklung. Plötzlich stellen die üblichen Hindernisse, die eine Zusammenarbeit scheinbar unmöglich machen, kein Problem mehr dar. Ist der Feind jedoch beseitigt, löst sich das kollektive Interesse auf und die alten Zustände kehren zurück, in denen jeder zuerst am eigenen Gewinn interessiert ist. Können wir uns also nur im Krieg einig sein, in dem die Fronten klar definiert sind und wo wir Freund und Feind leicht unterscheiden können? Nein, denn die Menschen sind auch in Zeiten des Friedens zur Kooperation fähig. Nur müssen wir zuerst den alltäglichen Bürgerkrieg stoppen, der die Verwirklichung unseres wahren Potenzials unmöglich macht. Viele sehen den marktwirtschaftlichen Wettbewerb als großen Motor des Fortschritts an. Aus der Notwendigkeit heraus, den Lebensunterhalt verdienen zu müssen, würden die Menschen effektiver arbeiten, als sie es in einer materiell vollkommen abgesicherten Situation täten. Dem stehen jedoch zwei wichtige Argumente entgegen: Zum einen die unkooperative Arbeit und der geringe Wissensaustausch, die den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt bremsen. Zum anderen die fehlende Eigenmotivation des Arbeiters. Es ist klar, dass man Tätigkeiten, an denen man ein persönliches Interesse hat, in der Regel besser, schneller und gründlicher erledigt, als Arbeiten, die man erledigen muss, um sein eigenes Leben zu erhalten. Universitäten und Hochschulen würden weitaus effektiver arbeiten, wenn sich ihnen nur Menschen aus persönlichem Interesse heraus und nicht aufgrund des später erwarteten Gehalts, des Prestiges oder des Titels anschließen würden.
Einer der wichtigsten Aspekte ist die Identifizierung des Einzelnen mit seinen Mitmenschen und seiner unmittelbaren Umgebung. Dabei ist keine erzwungene Gruppenbildung, sondern ein natürlicher und freiwilliger Zusammenschluss gemeint. Wenn der Mensch damit beginnt, nicht nur sich selbst wirklich wahrzunehmen, sondern auch die Menschen innerhalb und außerhalb seiner Kommune, erleichtert das die Zusammenarbeit wesentlich. Oft wird einem beim Stichwort “(utopischer) Kommunismus” nur vermittelt, dass jedem Menschen zugleich alles und nichts gehört, da es kein Eigentum mehr gibt. Wir übertragen dies wortwörtlich in unseren Alltag und sehen uns mit den seltsamsten Situationen konfrontiert. Wir werden aus unserem Haus geworfen, weil eine größere Familie den Platz besser brauchen könnte oder ein Mensch, der es eilig hat, “leiht” sich unser Auto aus und lässt es an seinem Bestimmungsort stehen. Natürlich erscheint dies unvorstellbar und nicht wünschenswert. Doch das ganze Szenario wird wesentlich realistischer, sobald wir annehmen, dass dieser Kommunismus eben nur in der Kommune als geschlossenes System funktioniert. Wir sind viel eher davon abgeneigt, jedem Fremden den Zugang zu den selbst produzierten Waren ohne unmittelbare Gegenleistung zu ermöglichen, als Menschen, die wir gut kennen. Die Kommune kann aus unterschiedlich vielen Menschen bestehen, jedoch sollte sie eine überschaubare Gruppe darstellen. Im Laufe des Lebens lernt man diese Gruppe immer besser kennen, es kommen neue Menschen hinzu und andere beschließen, sich eine andere Kommune zu suchen. Aufgrund dieses gewachsenen Vertrauens teilt man gern den Überschuss der eigenen Arbeit mit den restlichen Mitglieder, weil man sich sicher ist, dass einem ebenso von ihnen geholfen wird. Abgesehen davon wird jedes Mitglied sparsamer mit den Rohstoffen und dem Besitz der Kommune umgehen, da man mit der Verschwendung dieser Güter nur sich selbst und den eigenen Bekannten und Freunden schadet. Das ist zwar auch in der heutigen Gesellschaft der Fall, jedoch fehlt hier ein unmittelbarer Zusammenhang von den Tätern und Opfern. Zerstört man beispielsweise einen gemeinschaftlich genutzten Spielplatz, sind die dort üblicherweise spielenden Kinder nicht unbedingt bekannt. Außerdem wird sich, so die Annahme, bestimmt die Stadt darum kümmern, die entstandenen Schäden zu ersetzen. Stellt man sich das Ganze in einer Kommune vor, haben die Geschädigten Namen und Gesichter und jedes Mitglied wird gegen Zerstörungen vorgehen, anstatt sie gleichgültig geschehen zu lassen. Es ist nicht so, dass man von irgendwelchen Unbekannten seine Lebensmittel erhält, von anderen die Kleidung und sich die Dinge einfach nimmt, sobald sie im Lager ankommen. Bei einer kommunalen Organisation auf persönlicher Ebene weiß man, dass einige Mitmenschen hart für die Waren arbeiten mussten und ist sich darüber klar, auch selbst einen Beitrag leisten zu müssen. Die persönliche Identifikation schränkt auch die Gelegenheiten zum Missbrauch des Kommunismus stark ein, denn geht es nicht darum, parasitäre Lebensstile zu fördern. Menschen können nicht nur in Kommunen aufgenommen, sondern bei entsprechendem Mehrheitsentscheid auch ausgeschlossen werden. Der Zusammenschluss zur Kommune ist eine freiwillige Entscheidung und kommt nur bei beiderseitigem Einverständnis (der Gemeinschaft und des Individuums) zustande. Die Integration von Menschen in eine bestehende Gruppe kann nicht erzwungen werden, sie verläuft entweder freiwillig und einvernehmlich oder überhaupt nicht. Jeglicher Versuch, Menschen zu sozialen Handlungen entgegen ihrer eigenen Motivation oder ihrem Willen zu zwingen, wird scheitern.
Mit der Abwesenheit des Staates als Überwachungsorgan und der damit verbundenen Ausweitung der individuelle Verantwortung käme es zu neuen Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Anstatt die Verantwortung zur Konfliktlösung an den Staat abzugeben, müssen sich die Menschen nun selbst um diese Aufgabe kümmern. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass sich die Bürger nun gegenseitig überwachen und auf die Befolgung sozialer Normen hin kontrollieren sollen. Niemand besitzt die moralische oder rechtliche Autorität und kann daher auch nicht über andere richten. Eine organisierte und konsequente Überwachung ist daher ein Eingriff in die persönlichen Rechte des Menschen. Wie bei der oben beschriebenen persönlichen Identifikation ist es auch hier ausschlaggebend, dass die Kommunen aus Menschen bestehen, die sich gegenseitig kennen und vertrauen. In den Kommunen werden den Mitgliedern schnell Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen auffallen. Wenn beispielsweise die zum Lebensunterhalt nötige Arbeitslast ungerecht verteilt ist oder die kommunalen Rohstoffe übermäßig verschwendet werden, ist es in einer anarchokommunistischen Gesellschaft wahrscheinlich, dass dem entgegengewirkt wird. Einerseits, da es keine “offizielle” Instanz gibt um das Problem zu lösen, und weil andererseits eine Gruppe von Menschen direkt geschädigt wird, die sich aus Bekannten und Freunden zusammensetzt. Dies erhöht die Hemmschwelle für destruktive Handlungen innerhalb der Kommune. Wie weiter oben beschrieben, ist niemand dazu gezwungen, mit anderen Menschen zu kooperieren. Dies ist die Konsequenz aus der Entscheidungsfreiheit und gesteigerten persönlichen Verantwortung. Die Versorgung der sozial schwachen Menschen kann auch nicht einfach staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen überlassen werden, da diese nicht mehr existieren.
Unter Allmende versteht man ein gemeinschaftlich genutztes Gut, welches keinem einzelnen Besitzer zugeordnet werden kann. Es steht grundsätzlich jedem Gemeindemitglied zur Verfügung und kann ohne Einschränkung genutzt werden (wie etwa eine Stück Weideland). Allerdings bedeutet das nicht, dass dieses Gut auch unerschöpflich ist. Darin liegt auch der Ursprung der so genannten Tragik der Allmende. Dieser Theorie zufolge werden frei verfügbare Ressourcen von den einzelnen Gemeindemitgliedern häufig ausgebeutet, um sich selbst einen maximalen Ertrag zu erwirtschaften. Außerdem wird davon ausgegangen, dass sich niemand für den Erhalt der Allmende verantwortlich fühlt, da es sich nicht um Privateigentum handelt. Jeder Schaden betrifft alle Nutzer gleichermaßen und das Individuum betrachtet diesen geringen Teil als vernachlässigbar oder zumindest weitaus kleiner als der voraussichtliche Gewinn bei maximaler Ausbeutung. (*28) Die Richtigkeit dieser grundsätzlich nachvollziehbaren Theorie sehen wir vor allem in Bereichen wie der Hochseefischerei und bei der Abholzung des Regenwaldes. Für den Profit werden diese Ressourcen rücksichtslos ausgebeutet, selbst auf die Gefahr hin, sie für immer zu zerstören. Bei einer moderaten Nutzung bliebe den Fischschwärmen oder dem Wald genügend Zeit, sich zu regenerieren. Da sich jedoch niemand freiwillig einschränkt, ist eine nachhaltige Nutzung unmöglich. Dieses Phänomen wurde allerdings nur in Situationen beobachtet, in denen parallel zum Gemeineigentum ein kapitalistisches Wirtschaftssystem existierte. Diese Tatsache hat eine hohe Bedeutung für die Bewertung der gesamten Theorie. Die gleichzeitige Präsenz eines freien Marktes bedeutet, dass der potenzielle wirtschaftliche Wert der Allmende erschlossen, verwertet, verwandelt und auf diesem Markt für Geld eingetauscht werden kann. Und da mit Geld nicht nur das Überleben sichert, sondern noch für so viele weitere Zwecke eingesetzt werden kann, ist dies ein attraktives Ziel. Die Lage wäre jedoch eine völlig andere, sobald das Gemeineigentum keine Ausnahme von der Norm, sondern die typische Form von Eigentum darstellt. Die Abschaffung der Märkte zugunsten des freien Warenaustauschs ohne unmittelbare Gegenleistung innerhalb der Kommune (auch bekannt als “Schenkökonomie”) hätte einen ebenso großen Einfluss auf das Verhalten des Menschen. Die freiwillige Gabe selbst ist weder ein vollkommen selbstloser, noch egoistischer Akt. Während der herkömmliche Tauschhandel auf einen direkten Austausch von zwei Gütern oder mit der Hilfe von Zwischentauschmitteln basiert, ist dies bei einer Schenkung nicht der Fall. Trotzdem wird in der Regel von einer gegenseitigen Unterstützung ausgegangen. Dies ist jedoch keinesfalls verwerflich, denn jeder Mensch hat ein Anrecht auf sein Selbstinteresse. Es ist falsch, diese Bemühungen zum eigenen Wohl sofort mit Egoismus gleichzusetzen. Bei der Schenkökonomie können sowohl Solidarität als auch Selbstinteresse in Verbindung ein funktionierendes System bilden. Robert Trivers beschreibt dieses Phänomen im Rahmen der evolutionären Entwicklung unter der Bezeichnung reziproker Altruismus. (*29) In einem solchen sozialen System kann der abstrakte und eher undefinierte Wert des Gemeineigentums nicht in einen exakt kalkulierbaren Geldwert umgewandelt werden. Diese Veränderungen verringern (oder eliminieren) möglicherweise die Motivation, die Allmende über den eigenen Bedarf hinaus zu nutzen. Über den eigentlichen Effekt kann jedoch nur spekuliert werden, da unserer heutige Gesellschaft nicht die nötigen Bedingungen zur Erprobung dieser Situation liefert. Die Tragik der Allmende ist also ein durchaus reales Szenario, welches aber keine unüberbrückbare Schwierigkeit darstellt, sobald der Kapitalismus beseitigt ist. Davon abgesehen wird sie gern als Argument gegen gemeinschaftliche Organisation und für Privatisierung gebraucht. Letztere ist allerdings die Basis der gesellschaftlichen und ökonomischen Ungleichheit und hält den Kapitalismus am Leben.
Eine weitere Theorie, diesmal bezüglich des menschlichen Charakters, betrifft die besondere Ausprägung der autoritären Persönlichkeit. Menschen mit einer solchen Persönlichkeit neigen dazu, sowohl Autoritäten zu gehorchen, als auch selbst eine autoritäre Position gegenüber anderen zu beanspruchen. Typischerweise vertreten sie eine konservative Haltung und zeigen ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken, akzeptieren also nur absolute Zustände in ihren Urteilen. Sie lehnen Kreativität und Phantasie ab und betrachten freie Kunst oft als eine Bedrohung ihrer Werte. Nicht umsonst prägte das nationalsozialistische Regime den Ausdruck “entartete Kunst”, um alle künstlerische Werke zu diffamieren, die nicht dem eigenen Ideal übereinstimmten. Der autoritäre Mensch sieht sich selbst hauptsächlich als Teil des Ganzen, einer Bewegung, eines Staates oder einer Nation. Er identifiziert sich mit diesem Stereotyp und verliert seine Individualität. Die eigenen Machthaber und Führer werden glorifiziert und ihrem Willen wird ohne Widerspruch Folge geleistet. Jeder, der nicht mit der Ideologie, Philosophie oder auch nur oberflächlichen Eigenschaften wie dem äußeren Erscheinungsbild der eigenen Gruppe übereinstimmt, wird als Gegner betrachtet. Hier wird nicht zwischen der Art des Widerstandes oder der Meinungsverschiedenheit unterschieden, es gibt nur Freund oder Feind. Die innere Struktur einer solchen Gruppe ist äußerst hierarchisch aufgebaut. Jeder ist in diesem System bestrebt, den Vorgesetzten so gut wie möglich zu dienen und den Untergebenen die eigene Willkür nach Belieben spüren zu lassen.
Verschiedene psychologische Experimente haben sich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ein von Stanley Milgram entwickeltes und nach ihm benanntes Experiment von 1961 testete die Bereitschaft von Menschen, Autoritäten auch entgegen ihres eigenen Gewissens zu gehorchen. Dazu diente ein Versuchsaufbau, in dem die Testperson von einem als Arzt verkleideten Schauspieler aufgefordert wurde, einer weiteren Person Stromschläge zu verabreichen. Ein anderes Beispiel wäre das 1971 vom Psychologen Philip Zimbardo durchgeführte Stanford-Prison-Experiment, in dem die Rollen von Gefängniswärtern und -insassen willkürlich unter zwei Gruppen von Studenten verteilt wurden. Beide Experimente im Detail zu erklären würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen, doch waren die Ergebnisse erschreckend. Mehr als 62 Prozent der Probanden hätten nur auf Befehl des “Arztes” einer unbekannten Person Stromschläge mit einer Spannung von 450 Volt verabreicht. Dies entsprach dem Maximalwert auf der Konsole der Testperson. (*30) Und das für eine Dauer von 14 Tagen geplante Gefängnis-Experiment musste bereits nach sechs Tagen abgebrochen werden, weil die Situation eskalierte und Gefangene misshandelt wurden. (*31) Versuche wie diese zeigen, wie gefährlich und zerstörerisch Situationen mit klar definierten Machtverhältnissen werden können. Darum ist es notwendig, dem Menschen zu verdeutlichen, dass jede Autorität hinterfragt werden muss. Zudem sollte die Konsequenz sein, dass mündige Menschen niemals gegen ihren freien Willen einer Autorität ausgesetzt werden dürfen.
Ein autoritärer Charakter ist das Symptom eines unterdrückten und von früher Kindheit an in seiner freien Entfaltung stark eingeschränkten Menschen. Niemand tendiert von Natur aus dazu, eine solche Verhaltensweise anzunehmen, es ist vollkommen abhängig von den vermittelten Werten und der Art der Erziehung. Insgesamt ist eine solche Persönlichkeit destruktiv veranlagt und inkompatibel zu dem Ideal einer selbstbestimmten und freien Gesellschaft. Sie findet sich in allen faschistischen System der Vergangenheit und ist auch heute noch in identischer und abgeschwächter Form zu finden.
Die Antwort auf die Frage, wie eine alternative Gesellschaftsform erreicht werden kann, ist nicht weniger wichtig als ihre grundlegenden Prinzipien. Manche Menschen glauben, dass das vorherrschende System legitim ist, und auf legalem Wege (durch Wahlen) zum Besseren hin verändert werden sollte. Diese Reformisten erkennen die Missstände und Mängel, doch wollen diese nicht mit einem Umsturz, sondern mit schrittweiser Verbesserung bewältigen. Revolutionäre nehmen den entgegengesetzten Standpunkt ein und halten nur einen grundsätzlichen Umbruch für erfolgversprechend. Tatsächlich erscheinen Reformen oft als zu halbherzig, um eine dauerhafte Veränderung zu bewirken. Neue Gesetze können leicht beschlossen, aber ebenso leicht wieder rückgängig gemacht werden. Was geschieht ist hauptsächlich abhängig von der Wahlsituation und kurzfristigen Ängsten und Hoffnungen der Bürger. Außerdem geschehen all diese Veränderungen unter “kontrollierten Bedingungen” innerhalb des legalen Systems. Einige Bestandteile dessen können nicht verändert werden, und somit bleibt manches auf ewig unveränderlich.
Eine Revolution ist sowohl einfach als auch komplex. Einfach, weil die Funktion (und somit auch die Existenz) einer Gesellschaft allein von den Menschen selbst abhängt. Komplex, weil die Herrschenden nur schwer von ihrer jetzigen Macht zu trennen sind. Im Grunde sind wir es, die den hypothetischen Wert des Geldes akzeptieren, obwohl es nichts weiter als Papier ist. Auch bestätigen wir unseren Staat, indem wir an Wahlen teilnehmen und die Macht seiner Organe respektieren. Dem Einzelnen bleibt in der Regel keine Alternative, denn er ist nicht im Stande, sich zu emanzipieren. Jeder Mensch richtet sich nach der Ordnung, weil sie grundsätzlich funktioniert. Doch wenn Staats- und Wirtschaftssystem versagen, bieten sich Möglichkeiten, sich davon zu befreien. Der Anfang ist hierbei wie so oft schwer: Die Bildung einer funktionierenden Parallelgesellschaft, die sich nicht am Staat, sondern an einem anarchistischen Gemeinschafts- und einem (geldlosen) kommunistischen Wirtschaftssystem orientiert, benötigt viele aktive Helfer. Dabei ist keine geheime Gesellschaft gemeint, die aus dem Untergrund heraus agiert, sondern eine leicht zugängliche Bewegung, die offen die eigenen Ziele und Motivationen verkörpern. Die Bildung einer konspirativen Internationalen Bruderschaft, wie es Bakunin in seiner Schrift Prinzipien und Organisation einer Geheimgesellschaft von 1866 vorschlägt, (*32) lehne ich ab. Zwar basiert die Teilname und der Austritt in dieser Vereinigung auf den freien Willen, doch erscheinen die ihr zugrundeliegenden Richtlinien und ihre Organisationsstruktur als eher autoritär und dulden offenbar keinen Widerspruch. Ferner drängt sich die Vermutung auf, dass eine revolutionäre Avantgarde gebildet werden soll, die letztlich den Weg für eine Revolution ebnet. Dies erinnert jedoch stark an die Vorgehensweise von Parteikommunisten und kann meines Erachtens nach nicht zum Erreichen des Ziels einer anarchokommunistischen Gesellschaft dienen. Obwohl die Bewegung zweifellos Vordenker braucht, muss die Organisation zwingen durch die Menschen selbst erfolgen. Greift man vor und diktiert eine neue Ordnung (selbst wenn sie die Mehrheit akzeptiert), hat man zwar das alte System beseitigt, aber nichts grundlegend verändert. Nach einer kurzen Phase des Neubeginns würden die alten Verhältnisse wiederkehren und die Revolution wäre am Ende. Nicht die geistige Erleuchtung des Einzelnen zählt, sondern die kollektive Überzeugung der Gesellschaft. Zu jeder Zeit gab es Visionäre, doch nur eine großflächige Aneignung und Realisierung ihrer Theorien zeigt, ob es sich nur um lebensferne Utopien oder praktische Fortschritte handelt. Das wichtigste Mittel, um eine anarchistische Gesellschaft zu errichten, ist die innere Befreiung des Individuums. Die Befreiung des Geistes von den etablierten Konventionen wie sie Staat und Kapitalismus vermitteln. Doch um überhaupt diesen Zustand zu erreichen, müssen diese Menschen zuerst das Recht erhalten, sich als Kommune vom Staat loszulösen und sich selbst zu verwalten. Anschließend werden sich immer mehr selbstverwalteten Kommunen und Kollektive bilden und gegenseitig mit Waren und Dienstleistungen versorgen. Eine Selbstverwaltung kann niemandem aufgezwungen oder als verbindlich betrachtet werden. Jeder Mensch muss selbst entscheiden, ob er weiterhin in einer staatlich organisierten Gesellschaft oder einer alternativen Gemeinschaft leben möchte.
Der Anarchokommunismus ist eine Gesellschaftsform, die in vielerlei Hinsicht anders funktioniert als unser heutiges System. Er beschreibt die Zielsetzung, beinhaltet allerdings keine konkreten Strategien, um diesen Zustand – von unserem heutigen Standpunkt ausgehend – zu erreichen. Der anarchistische Syndikalismus ist keine konkurrierende Strömung zum Anarchokommunismus, sondern ergänzt ihn um eine klar definierte Organisationsform. Er bekennt sich zu den gleichen Idealen (wie etwa Selbstorganisation) und strebt ebenfalls die Vergesellschaftung des Bodens sowie der Produktionsmittel an. Als Strategie steht der gewerkschaftliche Zusammenschluss der Werktätigen im Vordergrund, um durch Streiks und mit Hilfe von anderen direkten Aktionen (direkte Problemlösung durch Betroffene anstelle der Delegation an Vertretungsinstanzen) eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Alle Bestrebungen, diese Ziele auf parlamentarischem Wege zu bewirken, werden hingegen abgelehnt. Somit ist es auch bereits innerhalb unseres gegenwärtigen wirtschaftlichen Systems möglich, auf konkrete Änderungen hinzuarbeiten. Gleichzeitig verliert sich der Anarchosyndikalismus jedoch nicht im Reformismus. Im Hintergrund bleibt stets das Ziel der sozialen Revolution, die durch das Mittel des Generalstreiks erreicht werden soll. Anschließend werden alle wirtschaftlichen Betriebe durch die entsprechenden Arbeiter verwaltet und die Produktion im Sinne der Allgemeinheit organisiert. Alle Gewerkschaften einer Berufsgruppe sind in einer Föderation miteinander verbunden, welche diese Aufgaben auch in großen Maßstäben wahrnehmen kann. Dabei sind die einzelnen Kollektive stets unabhängig und schließen gegenseitige und freie Vereinbarungen. (*33) Der Anarchosyndikalismus bietet also sehr konkrete Maßnahmen, welche eine greifbare Alternative zum kapitalistischen Wirtschaftssystem darstellen. Dies entspricht ganz und gar nicht dem üblichen Klischee des Anarchismus, dem von der Allgemeinheit keinerlei Organisationsfähigkeit zugetraut wird. Die Zweckmäßigkeit dieser Strategie wurde jedoch vor allem in Spanien nach der Revolution von 1936 deutlich, als eine große Zahl der Betriebe durch die Arbeiter sehr effizient selbstverwaltet wurden. Aus diesem Grund ist der Anarchosyndikalismus nach wie vor eine der wichtigsten Organisationsformen anarchistischer Kommunisten.
Inwiefern Gewalt zur Realisierung oder Erzwingung revolutionärer Ziele eingesetzt werden darf, ist umstritten. Manche sehen sie als unverzichtbar, andere bezeichnen sich selbst als Pazifisten und lehnen jegliche Form der Gewalt strikt ab. Die richtige Antwort auf diese Frage hängt stark vom persönlichen Standpunkt ab und ist deshalb eine individuelle Entscheidung. Natürlich kann jeder selbst wählen, ob er mit Menschen zusammenarbeitet, die mit Gewalt versuchen, ihre Überzeugungen durchzusetzen. Ich persönlich betrachte insbesondere den Gebrauch von Terrorismus als Mittel zum Zweck der Revolution äußerst kritisch. Attentate und ähnliche Aktionen gehen häufig von einer kleinen Gruppe von Menschen aus und werden nur in den seltensten Fällen von einer großen Masse der Zivilbevölkerung befürwortet. Errico Malatesta schrieb in seinem Werk Anarchie und Gewalt: “Die wahre anarchistische Gewalt hört auf, wo die Notwendigkeit der Verteidigung und der Befreiung aufhört.” (*34) Zwar ist es stark von der Interpretation abhängig, welche Situation dieser Definition entspricht (wie im Falle der US-Amerikanische “Verteidigung” gegen die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Rahmen des Zweiten Irakkrieges), doch grundsätzlich sehe ich Malatestas Standpunkt als legitim. Jeder hat das Recht, sich zu verteidigen und zu befreien. Mit völliger Verzicht auf Gewalt wird man leicht besiegt, bei übertriebenem und willkürlichem Gebrauch wird man selbst zu einem der Übel, welche man aus der Welt schaffen will. Also muss die revolutionäre Gewalt auf das absolute Minimum begrenzt bleiben. Der Versuch einer gewaltsamen Revolution wäre zum Scheitern verurteilt. Sinnlose und nicht provozierte Gewaltakte lassen die Menschen zu Recht an der Vertrauenswürdigkeit der Revolutionäre zweifeln. Erst sobald sich eine gewisse Anzahl an Menschen freiwillig dazu entschließt, nach dem anarchokommunistischen Prinzip zu leben, wird eine Revolution möglich. Diesen Pionieren schließen sich im Laufe der Zeit weitere Menschen an, falls sie zu der gleichen Überzeugung kommen. Wieder andere formen eigene Gesellschaften, die nach ihren Regeln funktionieren. Sofern alle diese Zusammenschlüsse auf den freien Willen aller Teilnehmer beruhen, sind sie als berechtigt einzuschätzen. Es ist nur meine eigene Auffassung, dass der kommunistische Anarchismus das gerechteste System darstellt. Wenn andere Menschen sie nicht teilen, dann sollen sie gern nach ihren Vorstellungen leben, wenn sie damit niemanden sonst beeinträchtigen. Es bleibt im Grunde also ein legitimer Weg zu einer erfolgreichen Revolution: Die Information der Menschen und die grundsätzlich friedliche Selbstorganisation Freiwilliger abseits der staatliche Ordnung. Illegale Handlungen wie die Ablehnung von Steuerzahlungen, allgemeiner ziviler Ungehorsam und die Besetzung von Land und Gebäuden werden im Zuge der Emanzipation der Bürger vom Staat nicht zu vermeiden sein. Erst wenn der Staat friedliche Verhandlungen ablehnt und zur Gewalt oder Freiheitsberaubung greift, ist eine ebenfalls gewaltsame Verteidigung angemessen.
Was in einem zentralistischen Staat nur von untergeordneter Wichtigkeit ist, erhält in einer Gesellschaft wie dem Anarchokommunismus eine elementare Bedeutung: die materielle und politische Unabhängigkeit einzelner Gebiete. Denn erst wenn verschiedene Regionen nicht mehr aufeinander angewiesen sind, können sie wirklich frei sein. Dies trifft vor allem im Falle von materiellen Abhängigkeiten zu. Das Monopol auf Nahrungsmittelproduktion in den Händen einer definierten Gruppe, verleiht diesen Menschen eine Macht über die von ihnen Belieferten, die leicht ausgenutzt werden kann. Der einzige Weg, dieser Situation zu entgehen, ist die Dezentralisierung der Produktion um die Bildung von Monopolen zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen. Unabhängig davon, ob Geld oder Märkte existieren oder nicht, trägt die zentralisierte Warenherstellung immer das Potenzial in sich, als ein Machtinstrument missbraucht zu werden. Wichtig ist auch eine gute Vernetzung der vielen Produktionsstätten, um eine effiziente Verteilung der Güter zu gewährleisten. Schon heute werden zum Beispiel in Deutschland funktionale Zusammenhänge zwischen Gemeinden identifiziert, indem sie im Rahmen des so genannten Systems der zentralen Orte in unterschiedliche Bedeutungsklassen eingeteilt werden. (*35) Diese unterscheiden sich unter anderem im Versorgungsangebot von Gütern des täglichen Bedarfs oder der Verfügbarkeit von Schulen und Krankenhäusern. Verteilt man die Nutzungen gleichmäßiger, kann man durch entsprechende Vernetzung die Unabhängigkeit der einzelnen Gemeinden enorm steigern.
Ich möchte mit einer Folgerung schließen, die sich aus der Argumentation in diesem Buch ergibt: Das Ende des kapitalistischen Staates und die Errichtung einer funktionierenden und von den Menschen freiwillig akzeptierten anarchokommunistischen Gesellschaftsordnung ist der nächste evolutionäre Schritt in der Entwicklung des Menschen. 27.04.2012
1 – Senf, Bernd: Die Marxsche Utopie und der Realsozialismus – Übereinstimmung oder Widerspruch?, URL: http://www.berndsenf.de/pdf/Die%20Marxsche%20Utopie%20und%20der%20Realsozialismus.pdf Abfragedatum: 06.11.2011
2 – Welt.de: Schweinegrippe lässt Tamiflu-Absatz explodieren, URL: http://www.welt.de/wirtschaft/article4855790/Schweinegrippe-la-esst-Tamiflu-Absatz-explodieren.html Abfragedatum: 23.03.2012
3 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 520, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
4 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 661, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
5 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 49-95, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
6 – Kania, Maciej; Milan, Matthias: Welt-in-Zahlen.de, statistische Informationen über Deutschland, URL: http://www.welt-in-zahlen.de/laenderinformation.phtml?country=44 Quelle: The CIA World Fact- book, letztes Update am 01.04.2007, Abfragedatum: 06.11.2011
7 – Kania, Maciej; Milan, Matthias: Welt-in-Zahlen.de, Ländervergleich der Staatsschulden, URL: http://www.welt-in-zahlen.de/laenderver-gleich.phtml?indicator=76 Quelle: The CIA World Factbook, letztes Update am 01.04.2007, Abfragedatum: 06.11.2011
8 – Wikipedia Artikel: “New Deal”, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/New_Deal Abfragedatum: 15.11.2011
9 – Deutsche Sozialversicherung: Geschichte, URL: http://www.deut-sche-sozialversicherung.de/de/krankenversicherung/geschichte.html Abfragedatum: 15.11.2011
10 – Yale News: Humans Rational and Irrational Buying Behavior Is Mirrored in Monkeys, URL: http://news.yale.edu/2005/06/20/humans-rational-and-irrational-buying-behavior-mirrored-monkeys Abfragedatum: 19.03.2012
11 – von Hoerschelmann, Erik: Rodung von Regenwäldern für Biokraftstoffe, URL: http://www.energieportal24.de/artikel_1517.htm Abfragedatum: 11.11.2011
12 – Rauber, Dirk: Wissen: Giftige Farbstoffe in Kleidung - macht Bunt krank?, konsumo.de, URL: http://www.konsumo.de/news/104880-Azofarbstoffe%20Kleidung%20Allergien%20Haut%20Reizung Abfragedatum: 19.11.2011
13 – Lubbadeh, Jens: Zigaretten-Zusatzstoffe – Von Vanillin bis Harnstoff, Stern.de, URL: http://www.stern.de/wissen/gesund_leben/zigaretten-zusatzstoffe-von-vanillin-bis-harnstoff-540490.html Abfragedatum: 22.11.2011
14 – Dokumentation Kaufen für die Müllhalde – Die Wegwerf-Gesellschaft, ARTE 2011
15 – Engelhardt, Marc: Computer-Friedhöfe in Afrika – Immer mehr Elektroschrott landet in Entwicklungsländern, URL: http://www.welt-sichten.org/artikel/art-04-008/computer-friedhoefe-in-afrika.html Abfragedatum: 11.11.2011
16 – Zeit.de: Ein hochgiftiger Job, URL: http://www.zeit.de/2010/19/Indonesien-Schwefelstecher Abfragedatum: 24.03.2012
17 – Saltzberg, Rebecca: The Steps to End World Hunger, URL: http://www.downtoearth.org/health/general-health/steps-to-end-world-hunger Abfragedatum: 06.11.2011
18 – Kropotkin, Petr: Die Eroberung des Brotes und andere Schriften, Herausgegeben von Hans G. Helms, Carl Hanser Verlag, 1973, Seite 185
19 – Wikipedia Artikel: “Werkzeuggebrauch bei Tieren”, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Werkzeuggebrauch_bei_Tieren Abfragedatum: 23.03.2012
20 – Scott, Howard: The Energy Distribution Card, Technocracy Magazine, 1937/2006, URL: http://surepost.com/igdtech/technocracy/pdf/THE_ENERGY_DISTRIBUTION_CARD.pdf Abfragedatum: 24.11.2011
21 – Pfeiffer, Eduard: Technokratie, S. 7 ff., Stuttgart: Franckh’sche Verlagshandlung, 1933
22 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 202, S. 209f., unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
23 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 309, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
24 – Wikipedia Artikel: “Maschinenstürmer”, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Maschinenst%FCrmer Abfragedatum: 12.11.2011
25 – Marx, Karl: Das Kapital, Köln: Anaconda Verlag, 2009, S. 419, unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin: Gustav Kiepenheuer Verlag 1932
26 – Ferguson, Kirby: vierteilige Dokumentation “Everything is a Remix”, URL: http://www.everythingisaremix.info/watch-the-series/ Abfragedatum: 13.05.2012
27 – H., Thomas: Webanalyse: OpenOffice auf über 21% der Computer (Update), URL: http://www.webmasterpro.de/portal/news/2010/01/25/verbreitung-von-office-programmen-openoffice-ueber-21.html Abfragedatum: 04.11.2011
28 – Hardin, Garrett: The Tragedy of the Commons, veröffentlicht in: Science, 13. Dezember 1968, URL: http://www.garretthardinsocie-ty.org/articles/art_tragedy_of_the_commons.html Abfragedatum: 29.03.2012
29 – Trivers, Robert L.: The Evolution of Reciprocal Altruism, veröf- fentlicht in: The Quarterly Review of Biology, Vol. 46, No. 1, Seite 35-57, März 1971, URL: http://www.cdnresearch.net/pubs/others/trivers_1971_recip.pdf Abfragedatum: 30.03.2012
30 – stangl-taller.at: Die Milgram-Experimente, URL: http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/experimentbspmilgram.html Abfragedatum: 13.04.2012
31 – Zimbardo, Philip G.: Internetseite des Stanford-Prison-Experiments, URL: http://www.prisonexp.org/deutsch/ Abfragedatum: 13.04.2012
32 – Bakunin, Michail: Staatlichkeit und Anarchie und andere Schriften, Hg. Horst Stuke, Frankfurt am Main/Berlin/Wien: Ullstein Verlag, 1972, S. 3-94, Prinzipien und Organisation einer Geheimgesellschaft (1866)
33 – fau.org: Prinzipienerklärung des Syndikalismus (1919), URL: http://www.fau.org/texte/anarcho-syndikalismus/art_030818-180426 Abfragedatum: 02.09.2013
34 – Malatesta, Errico: Gesammelte Schriften, Band 2; Karin Kramer Verlag Berlin, 1980, Auszug auf: http://www.anarchismus.at/anarchis-tische-klassiker/errico-malatesta/181-errico-malatesta-anarchie-und-gewalt Abfragedatum: 27.03.2012
35 – Wikipedia Artikel: “System der zentralen Orte”, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/System_der_zentralen_Orte Abfragedatum: 20.04.2012